Der Einsatz von Cannabis zur Schmerztherapie muss nach Auffassung der ABDA strengen Regeln folgen. Auf keinen Fall dürfe Cannabis als Joint geraucht oder in Form von Keksen oder Butter eingenommen werden. Damit sei die dem Körper zugeführte Wirkstoffmenge nicht zu kontrollieren, schreibt die ABDA in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung betäubungsrechtlicher Vorschriften. Außerdem verlangen die Apotheker präzise Angaben auf den Cannabis-Rezepten.
Im Mai hat die Bundesregierung auf Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) beschlossen, Cannabis zu medizinischen Zwecken freizugeben. „Wir wollen, dass für Schwerkranke die Kosten für Cannabis als Medizin von ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn ihnen nicht anders geholfen werden kann“, so Gröhe. Patienten ohne therapeutische Alternative sollen getrocknete Cannabisblüten und -extrakte in Apotheken erhalten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll als staatliche Cannabisagentur fungieren. Bis es den geplanten staatlich kontrollierten Anbau in Deutschland gibt, soll die Versorgung mit Importen gedeckt werden.
Grundsätzlich begrüßt die ABDA diesen Schritt und dass beim therapeutischen Einsatz von Cannabis als Arzneimittel „auf die bewährten Versorgungsstrukturen der öffentlichen Apotheken“ zurückgegriffen werden soll. Damit setze die Bundesregierung eine Forderung des Deutschen Apothekertags 2015 in Düsseldorf um. Es müsse aber eine „klare Trennung zwischen dem therapeutischen Einsatz von Cannabis und seinem Gebrauch als Genussmittel“ gezogen werden. „In der konkreten gesetzlichen Umsetzung sehen wir dabei allerdings teilweise noch Modifizierungsbedarf“, übt die ABDA vorsichtige Kritik am Gesetzentwurf.
Verlangt wird eine Präzisierung der Angaben auf dem Cannabis-Rezept: „Die Angabe ‚Cannabis‘ auf dem Betäubungsmittelrezept ist aus unserer Sicht nicht ausreichend und muss durch den verschreibenden Arzt präzisiert werden.“ Es gebe unterschiedliche Cannabis-Sorten und -Varietäten, die sich hinsichtlich ihres Gehaltes an Cannabinoiden, insbesondere ∆9-Tetrahydrocannabinol (∆9-THC), und Cannabidiol, zum Teil beträchtlich unterschieden. So liege der Gehalt an ∆9-THC bei den über die holländische CannabisAgentur zu beziehenden Produkten zwischen 6,3 Prozent und 22 Prozent.
Da für die unterschiedlichen Indikationen der Gehalt einzelner Inhaltsstoffe entscheidend sei, müsse der Arzt aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit die gewünschte Cannabis-Sorte oder aber den gewünschten Gehalt an ∆9-THC oder Cannabidiol angeben.
Die Verwendung von medizinischem Cannabis will die ABDA auf „definierte Applikationsformen“ beschränkt wissen. Es müsse sichergestellt werden, dass das im Cannabis als Säure vorliegende ∆9-THC durch ausreichende Hitzezufuhr in das pharmakologisch wirksame phenolische ∆9-THC umgewandelt werde, „wie beispielsweise bei der Inhalation mittels Verdampfern/Vaporisatoren“.
Die ABDA sei bereit, geeignete Vorschriften zur medizinischen Anwendung von Cannabis unter anderem für die Dampfinhalation zu entwickeln. Außerdem müssten die die erforderlichen Verdampfer/Vaporisatoren ins Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen und von den Krankenkassen erstattet werden, fordert die ABDA.
Nicht akzeptabel seien andere Applikationsformen, wie das Rauchen von Cannabis zur therapeutischen Anwendung. Dabei komme es nicht darauf an, ob Cannabis mit Tabak vermischt werde. Die Dosis der aufgenommenen Cannabiniode hänge vom individuellen Atemvolumen ab. Außerdem sei „Rauchen bekanntermaßen gesundheitsschädlich“. Für das Einbacken von Cannabis in Kekse oder dem Auszug als Cannabisbutter gebe es keine ebenfalls standardisierten Vorschriften oder Verfahren. Damit sei die Aufnahme definierte Wirkstoffmengen an Cannabinioden nicht gewährleistet. Ungewollte Unter- oder Überdosierungen seien die Folge.
Kritik übt die ABDA an der Vorgabe des Gesetzentwurfes, dass Cannabis-Patienten an Begleitstudien teilnehmen sollen, sofern der Versicherte die Übernahme der Kosten für seine Behandlung mit Cannabis in Form getrockneter Blüten oder Extrakte beziehungsweise mit Dronabinol oder Nabilon beanspruchen will. Aus Sicht der ABDA ist dies ein Systembruch: „Den Anspruch auf Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung an diese Bedingung zu knüpfen, ist dem System der Erstattungsfähigkeit nach dem SGB V strukturfremd“. Dagegen hatte sich auch schon der Bundesrat in seiner Stellungnahme ausgesprochen.
Laut Gesetzentwurf darf der Arzt innerhalb von 30 Tagen bis zu zwei Betäubungsmittel unter Einhaltung der jeweiligen festgesetzten Höchstmengen verschreiben. Von diesen Vorgaben kann der Arzt unter bestimmten Voraussetzungen abweichen. Die ABDA regt an zu prüfen, ob unter diesen Voraussetzungen neben Cannabis in Form getrockneter Blüten auch Cannabisextraxt und/oder Dronabinol verordnet werden kann. Darüber hinaus soll das BMG nochmals prüfen, ob es bei einer Abweichung von der Zahl der vorgeschriebenen Betäubungsmittel beziehungsweise der festgesetzten Höchstmenge durch den Arzt noch einer Kennzeichnung der Betäubungsmittelverschreibung mit dem „A“ bedarf, zumal eine Meldung an die zuständige Behörde nicht mehr erforderlich sei.
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