In ihrem im Juli vorgestellten Gutachten empfahl die Monopolkommission der Bundesregierung eine grundlegende Reform des Apothekenmarktes. Die Experten um Professor Dr. Achim Wambach schlugen einen „sanften Preiswettbewerb“ vor: Die heutigen Festpreise der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) sollen in einem ersten Schritt durch rabattfähige Höchstpreise abgelöst werden. Dagegen protestierte die ABDA prompt. Jetzt hat sie in einer Stellungnahmen ausführlich Position bezogen und kritisiert die Monopolkommission massiv.
Unter anderem bezog sich die Monopolkommission auf das 2hm-Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi). Das hält die ABDA für verfehlt: Denn gleichzeitig würden die Berechnungsgrundlagen und Methoden von 2hm im Gutachten der Monopolkommission „deutlich kritisiert“. „Angesichts fundamentaler methodischer Fehler und einem fehlenden Grundverständnis der Materie im 2hm-Gutachten fällt der inkonsistente Umgang der Monopolkommission mit diesem negativ auf“, so die ABDA.
Schon das fehlende Verständnis dessen, was Apotheken leisteten und welche Rahmenbedingungen sie dabei zu beachten hätten, mache das 2hm-Gutachten „als Grundlage für Handlungsempfehlungen unbrauchbar“. „Die Bezugnahme auf das von ihr selbst als defizitär dargestellte Gutachten schwächt die Aussagekraft der Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen der Monopolkommission zusätzlich.“
Insbesondere setzt sich die ABDA-Stellungnahme mit Vorschlag der Monopolkommission für einen „sanften Preiswettbewerb“ auseinander. Zur Umgestaltung des Vergütungssystems schlugen Wambach & Co. vor, in einem ersten Schritt die Zuzahlungen gesetzlich krankenversicherter Patienten für Rx-Arzneimittel durch die Gewährung von Rabatten zu reduzieren.
Aufgrund des höheren Wettbewerbsdrucks in Ballungsräumen, in denen viele Apotheken tätig seien, sei zu erwarten, dass daraufhin vor allem in diesen Regionen Rabatte eingeräumt würden. „Dadurch würde das Vergütungssystem auch zu einer regionalen Verteilung der Apotheken beitragen, bei der ländliche Regionen gegenüber Ballungszentren stärker begünstigt werden, als dies heute der Fall ist.“
Die ABDA fürchtet, dass dadurch vor allem Chroniker in die Arme der Versandapotheken getrieben werden: Patienten mit akutem Arzneimittelbedarf seien zwar bereit, den von der Monopolkommission sogenannten „Service“ einer geringen Entfernung zur Apotheke und zu einer schnelleren und direkteren Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation durch Arzneimittel stärker zu entgelten, da ihre Präferenz für die zeit- und ortsnahe Versorgung die Präferenz für einen geringen Preis überwiege.
Handele es sich jedoch um Chroniker, so sei der Arzneimittelbedarf zeitlich in der Regel nicht dringlich, beispielsweise da Verordnungen Anschlussrezepte darstellen und die vorhandene Medikation noch einen gewissen Zeitraum überbrückt.
„Der Fokus liegt in dem Fall auf der Minimierung der privat zu leistenden Zahlung“, so die ABDA. Darüber hinaus sei anzunehmen, dass der chronische Patient aufgrund der wiederholt zu leistenden Zuzahlungen eine höhere Bereitschaft zum Vergleich habe. „Zusammenfassend ist daher anzunehmen, dass Chroniker sensitiver auf Preissteigerungen reagieren als Akutpatienten. Genau diese Chroniker sind aber eine wesentliche Grundlage für die ökonomische Überlebensfähigkeit einer Apotheke.“ Der Mechanismus des „sanften Preiswettbewerb“ auf die Anreize zur Apothekenniederlassung wirke hier nicht.
Der Patient werde eine verringerte Distanz zur öffentlichen Apotheke nicht mit einer höheren Zahlungsbereitschaft honorieren, sondern sich im Rahmen des Preiswettbewerbes zugunsten des Versandhandels entscheiden. Der durch die Monopolkommission proklamierte „Distanzvorteil“ öffentlicher Apotheken in unterversorgten Gebieten existiere deshalb nicht. Vielmehr würde der Versuch der Apotheken in diesen Gebieten, ihn in Form höherer Preise zu realisieren, ihn in sein Gegenteil umgekehrt. „Die zu erwartende Abwanderung der Patienten mit planbarem Bedarf entzöge den öffentlichen Apotheken gerade in ländlichen und strukturschwachen Gebieten sukzessive die wirtschaftliche Grundlage für die Fortführung des Betriebes.“
Aus Sicht der ABDA ist es kurzsichtig, dass die Monopolkommission den Marktanteil des Versandhandels bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln derzeit nicht als Gefahr für die öffentlichen Apotheken einstuft. Dies könne sich jedoch bei einer Verringerung von Hürden zur Nutzung des Versandhandels ändern – beispielsweise im Zuge der Einführung elektronischer Rezepte – sodass sich die Zahl öffentlicher Apotheken verringern würde. Dass sich die ABDA seit dem Sommer selbst die Entwicklung des E-Rezepts in die Hand genommen hat, wird in der Stellungnahme nicht erwähnt.
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