Die ABDA will ausziehen – und sich vom traditionsreichen Mendelssohn-Palais in der Jägerstraße verabschieden. Die Dachorganisation der Kammern und Verbände sucht nach einer neuen Bleibe, das alte Objekt soll verkauft werden. Problematisch könnten allerdings die andauernden Rechtsstreitigkeiten um die Risse im Haus werden – zumal der Ausgang alles andere als sicher ist. Denn die Probleme hat die ABDA 2001 quasi mitgekauft.
Als 2012 auf dem Nachbargrundstück mit dem Bau von Luxuswohnungen begonnen wurde, wurde auch das Apothekerhaus zu einer Baustelle: Gewölbebögen wurden abgestützt, Risse im Gemäuer mit gelbem Klebeband gekennzeichnet. Eine Zeit lang standen im Haus Geophone und andere Messgeräte, die Erschütterungen und Absenkungen erfassen sollten.
Drei Millionen Euro würde laut ABDA-Schätzungen die Sanierung der Risse kosten. Die Geschäftsführung geht davon aus, dass die Nachbarn für die Schäden aufkommen müssen: „Hinsichtlich der Schäden, die durch die Errichtung des Nebengebäudes im Apothekerhaus entstanden sind, dauert die Diskussion mit dem betreffenden Bauträger um Entschädigung an“, sagt ABDA-Sprecher Dr. Reiner Kern.
Doch der kausale Nachweise könnte schwierig werden – nicht nur wegen der zahlreichen aktuellen Baustellen rund um den Gendarmenmarkt, sondern auch wegen Arbeiten, die Jahre zurückliegen. Wie aus internen Unterlagen hervorgeht, war die Gebäudesubstanz nämlich schon in den 1990er Jahren immer wieder ein Thema.
Schon als die Telekom auf dem Grundstück an der Rückseite baute, tauchten die ersten Risse im Mendelssohn-Palais auf. 1999 zahlte der Konzern im Rahmen einer Nachbarschaftsvereinbarung eine Summe von 200.000 D-Mark an die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG), der die Immobilie damals gehörte. Andere Nachbarn wurden gleich im Vorhinein verpflichtet, einen Gutachter mit der Beweissicherung vor, während und nach Abschluss der Bauarbeiten zu beauftragen. Die ABDA hat bis Ende 2013 rund 230.000 Euro für Schwingungsmessungen, Rissmonitoring und Gutachten zur Rissbildung im Zusammenhang mit der Baustelle nebenan ausgegeben.
Doch abgesehen von den Rissen sind laut ABDA-Präsident Friedemann Schmidt noch weitere „Ertüchtigungsmaßnahmen“ notwendig, um das Mendelssohn-Palais vermarktungsfähig zu machen. Auf bis zu sechs Millionen Euro veranschlagt ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz die Kosten für Brandschutz und Rettungswege. „Einen erheblichen Teil davon werden wir abarbeiten müssen“, sagt Schmidt, der aber davon ausgeht, dass diese Investitionen letztendlich den Verkehrswert steigen lassen. „Eine Ruine sind wir nicht.“
Um nicht unnötig Geld zu verbrennen, soll jede einzelne Maßnahme vorher genau geprüft werden. Wer das Haus nicht als Bürogebäude nutzen will, braucht möglicherweise weniger Fluchtwege, so die Hoffnung. Obwohl die ABDA mangels Gutachten zuletzt keine Vorstellungen über den derzeitigen Verkehrswert hatte, hofft der ABDA-Präsident, dass die Apotheker unter dem Strich eine Rendite erzielen können. Wie die ABDA die Verkaufsaussichten bewertet, auf welchen Erlös sie hofft und wann das Mendelssohn-Palais angeboten werden soll, wollte Kern auf Nachfrage nicht verraten.
Laut Schmidt hat das Gebäude seinen Charme gehabt. Die Funktionalität habe aber von Anfang an modernen Anforderungen nicht entsprochen. Diesbezügliche Abstriche hatte die damalige ABDA-Spitze um den heutigen Ehrenpräsidenten Hans-Günter Friese bewusst in Kauf genommen.
Schon vor 15 Jahren war dem mit dem Verkauf beauftragten Makler klar, dass das Mendelssohn-Palais allenfalls an einen Liebhaber gehen konnte: Allen Beteiligten sei wegen der Lage und Beschaffenheit des Gebäudes, seines historischen Bezuges und seines hohen repräsentativen Charakters bewusst gewesen, dass bei der Vermarktung keine funktionalistische Miet- oder Nutzflächenbetrachtung im Vordergrund stehen konnte, erinnert sich der Immobilienspezialist.
Andere Interessenten – laut Makler unter anderem die Familien Porsche, Erb (Winterthur) und Albrecht (Aldi), das Kanzleramt, eine Beteiligungsgesellschaft und ein Arbeitgeberverband – winkten ab, die ABDA kaufte. Im Herbst 2001 ging das Haus für 47 Millionen D-Mark (24 Millionen Euro) an die Apotheker.Detail
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