1,9 Millionen Euro Umsatz, 124.000 Euro Vorsteuergewinn: Nach der Präsentation der ABDA-Zahlen zur betriebswirtschaftlichen Lage der Apotheken wundert sich die Öffentlichkeit, dass die Apotheker noch mehr Geld fordern. Derweil fragen sich sechs von zehn selbstständigen Pharmazeuten, was sie eigentlich falsch gemacht haben. Denn weil es in der Apothekenlandschaft eine deutliche Schiefverteilung gibt, sind Durchschnittszahlen genauso untauglich wie die „typische Apotheke“.
Jedes Quartal veröffentlicht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine Statistik zur Einkommenssituation der niedergelassenen Mediziner. Aus diesem Grund, heißt es bei der ABDA, könnten sich auch die Apotheker einer gewissen Transparenz nicht entziehen.
Zwar sind die Pharmazeuten, anders als die Ärzte, nicht zur Offenlegung verpflichtet. Doch die Politik lässt sich bekanntlich nicht mehr auf Honorarverhandlungen ein, wenn die Vertreter aus der Jägerstraße keine Einkommenstabellen mitbringen.
Das Problem ist, dass die Ärzte immer ein Ass im Ärmel haben: Dass der Reinertrag pro Praxisinhaber beispielsweise zwischen 2007 und 2011 um knapp 17 Prozent von 142.000 Euro auf 166.000 Euro gestiegen ist, ist in der öffentlichen Debatte von untergeordneter Bedeutung. Denn Großverdienern wie Radiologen und Nuklearmedizinern steht am unteren Ende die Berufsgruppe der „Kümmerer“ gegenüber: Wenn Hausärzte und Kinderärzte am wenigsten verdienen, klingt ein Nachschlag irgendwie immer fair.
Einen solchen Bonus haben die Apotheker nicht. Sie gelten als Gutverdiener – und sind es nach den aktuellen Zahlen auch. Dass die Kurve sich flach weit in obere Einkommensbereiche zieht, ist ein statistisches Phänomen, das es laut ABDA übrigens schon immer gegeben hat: Auch 2002 lag der durchschnittliche Umsatz 30 Prozent über dem typischen.
Nach eigenen Angaben setzt die ABDA schon immer auf „zahlenorientiertes Lobbying“. Doch Chefbetriebswirt Karl-Heinz Resch weiß genau, dass die politische Diskussion umso schwieriger wird, je höher das Durchschnittseinkommen der Apotheker ausfällt. Andererseits war das Vertrauen in die Treuhand-Zahlen zuletzt so stark gesunken, dass eine Umstellung vielen unausweichlich schien.
Nachdem die Pharmazeuten sich jahrelang erfolgreich arm gerechnet hatten, ließ das FDP-Duo Bahr/Rösler den Berufsstand regelrecht auflaufen, als es endlich um die längst überfällige Anpassung ging. Statistisch repräsentativ? Verteilung Rx/OTC? Typisch oder durchschnittlich? Die Experten des Statistischen Bundesamts (Destatis) hatten 2012 viele Fragen.
Künftig will man bei der ABDA jeden Anschein eines statistischen Manövers vermeiden. Selbst der Median, der wenigstens nach innen gerecht gewirkt hätte, könnte schon verdächtig wirken, heißt es. Also liefert die Treuhand Daten aus der Finanzbuchhaltung von 2500 Einzel-, Haupt- und Filialapotheken aus allen Bundesländern und Umsatzklassen, die von Reschs Team aufgearbeitet werden. Zur neuen Transparenz, die in anderem Zusammenhang auch von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt beschworen wird, gehört sogar, die Einkaufsvorteile auszuweisen: 0,7 Prozent des Netto-Umsatzes, also rund 13.000 Euro.
Im Juni wollen die ABDA-Betriebswirte ihre Zahlen den Destatis-Experten präsentieren. Hinsichtlich der Umsatzklassen müssen die Vertreter der Apotheker noch Überzeugungsarbeit leisten. Andererseits sind auch die amtlichen Zahlen nicht frei von Mängeln: Die „Jahreserhebung Handel“ hinkt regelmäßig hinterher und beruht auf einer Stichprobe angeschriebener Apotheken. Außerdem werden alle Einkünfte der Apotheker einbezogen – also etwa auch Mieteinkommen oder Kapitalerträge.
Sobald der Destatis-Stempel auf den ABDA-Zahlen ist, wollen die Apotheker bei der Politik vorstellig werden. Die hat zwar schon erklärt, allenfalls bei Rezepturen oder BtM nachzubessern, nicht aber Fixhonorar. Doch die Höhe des Apothekenhonorars ist immer eine politische und keine statistische Entscheidung.
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