Mitgliederversammlung

§ 78: ABDA stellt sich gegen Spahn

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Berlin -

Die ABDA bleibt dabei: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll auf die vorgesehene Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz (AMG) verzichten. In einem einstimmigen Beschluss haben sich die Delegierten der außerordentlichen Mitgliederversammlung heute in Berlin darauf geeinigt. In ihrer Stellungnahme will die ABDA mögliche Alternativen darlegen.

Deutschlands Apotheker begrüßten die Absicht des Bundesgesundheitsministeriums, die Apotheken vor Ort zu stärken, heißt es. Wesentliche Voraussetzung für die Erreichung dieses Ziels seien der Erhalt und die Stärkung der Gleichpreisigkeit für alle rezeptpflichtigen Arzneimittel. „Deswegen muss auf die vom Ministerium vorgesehene Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz verzichtet werden, wenn die im Koalitionsvertrag vorgesehene Stärkung der Apotheken vor Ort tatsächlich erreicht werden soll.“

In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Apothekenstärkungsgesetzes will die ABDA deshalb den Gesetzgeber auffordern, die Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung nicht nur im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch für Privatversicherte und Selbstzahler zu gewährleisten.

„Das Bundesgesundheitsministerium will die Apotheken vor Ort stärken, lässt aber noch wesentliche Voraussetzungen dafür im Gesetzentwurf vermissen“, sagt ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. „In unserer Stellungnahme zum Referentenentwurf werden wir diese Defizite beschreiben und klare Alternativen benennen. Die Arzneimittelpreisverordnung ist einer der wichtigsten Eckpfeiler der Arzneimittelversorgung in Deutschland und muss deshalb auch europarechtlich abgesichert werden. Die Gleichpreisigkeit für rezeptpflichtige Medikamente darf nicht nur für gesetzlich versicherte Patienten gelten, sondern muss es auch für Privatversicherte und Selbstzahler.“

Schmidt weiter: „Die Mitgliederversammlung hat die politische Richtung der vergangenen Monate bestätigt und somit dem Vorstand erneut ein klares Mandat für die nächsten Wochen und Monate gegeben. Die Geschäftsführung wird nun unsere Stellungnahmen im kommenden Gesetzgebungsverfahren aktiv und kritisch formulieren.“

Viel Zeit dafür bleibt freilich nicht: Am Dienstag endet die Frist zur Abgabe der Stellungnahmen. Und Spahn macht Tempo, noch im Juni soll sich das Kabinett mit einem „europarechtskonformen Gesetzentwurf“ befassen, wie es in einem Schreiben an die EU-Kommission heißt. Im Vorfeld der ABDA-Mitgliederversammlung hatte Spahn gezielt die Streichung des Paragrafen gegenüber Brüssel in Aussicht gestellt. „Warum einige in der Apothekerschaft so für einen Paragrafen kämpfen, der seit so vielen Jahren rechtlich keine Wirkung mehr entfaltet und auch keine mehr entfalten wird, erschließt sich uns nicht wirklich“, hieß es dazu aus seinem Haus.

Spahn will ein Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch (SGB V) festschreiben. Der Arzneimittelrechtsexperte Dr. Elmar Mand hat aber erhebliche Zweifel, dass das Ziel mit seinem Vorschlag erreicht werden kann. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC zeigte er die juristischen Schwachstellen im Entwurf auf. Anders als in der Begründung als Ziel formuliert, werden mit der Streichung die Preisbindung der ausländischen Versender ausdrücklich aufgehoben. „Das hat aus meiner Sicht zur Folge, dass ausländische Apotheken künftig nicht mehr an die Preisregulierung des AMG gebunden sein werden.“

Auch die ABDA hatte gehofft, noch einmal darlegen zu können, warum die Vorgabe einheitlicher Apothekenabgabepreise auch für Apotheken gelten muss, die verschreibungspflichtige Arzneimittel aus dem europäischen Ausland an Patienten in Deutschland liefern: „Die Gleichpreisigkeit verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist ein integraler Bestandteil des geltenden Steuerungssystems der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und deren Finanzierung. Einzelne tragende Elemente wie die Preisbindung von Arzneimitteln können nicht ohne Schaden für das System entfernt werden.“

Daher sei es gerechtfertigt, die Anwendung der Preisbindungsvorschriften für verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht nur im Bereich des Sozialrechts, sondern generell auf Anbieter zu erstrecken, die aus dem europäischen Ausland Patienten in Deutschland mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln beliefern, schrieb die ABDA in einer Beratungsvorlage: „Aus diesen Gründen fordern wir, auf die Streichung der Regelung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG zu verzichten. Zwingende Konsequenz ist dann auch, dass sich der Gesetzgeber entgegen der bisher in der Begründung des Referentenentwurfs zu Artikel 4 Nummer 3 enthaltenen Aussage klar zur Aufrechterhaltung der Gleichpreisigkeit für verschreibungspflichtige Arzneimittel positioniert.“

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