Nicht nur Apotheken sollen künftig wegen des Mehraufwands bei Lieferengpässen einen Zuschlag von 50 Cent erhalten, sondern auch der Großhandel. Hier wird allerdings mehr oder weniger nach dem Prinzip Gießkanne verteilt – das Geld erhält derjenige Anbeiter, der den Austauschartikel auch tatsächlich liefert.
Das erste Mal tauchte die Engpass-Prämie in Höhe von 50 Cent kurz vor Weihnachten in den Eckpunkten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf: „Für Arzneimittel, für die der Beirat eine versorgungskritische Lage festgestellt hat und für die die Apotheke eine Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt halten muss, wird den Apotheken eine Aufwandspauschale in Form eines in der AMPreisV verankerten Zuschlags in Höhe von 0,50 Euro vergütet“, hieß es da.
Sofort stellte sich für kritische Gemüter die Frage, wie der Anruf in der Praxis denn zu dokumentieren und nachzuweisen sein würde. Im Referentenentwurf von Anfang Februar war die Vorgabe dann schon nicht mehr enthalten: „Im Falle des Austauschs eines verschriebenen Arzneimittels [...] ist durch die Apotheke ein Zuschlag in Höhe von 50 Cent zuzüglich Umsatzsteuer zu erheben“, so die entsprechende Formulierung für einen neuen Absatz 1a zu § 3 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Bei dieser Formulierung ist es im Kabinettsbeschluss geblieben.
Gestrichen wurde aber nach viel Kritik der Verweis auf die BfArM-Liste. Angeknüpft wird jetzt vielmehr an einen neuen Absatz 2a zu § 129 Sozialgesetzbuch (SGB V), nach dem Apotheken bei „Nichtverfügbarkeit eines verordneten Arzneimittels“ ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben dürfen. Die Voraussetzung wird wie folgt definiert: „Eine Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen [...] nicht beschafft werden kann.“
Zusätzlich wurde eine analoge Regelung für den Großhandel neu aufgenommen: „Im Fall eines Austauschs eines verordneten Arzneimittels durch die Apotheke nach § 129 Absatz 2a SGB V ist durch den Großhandel ergänzend zu den Zuschlägen nach Absatz 1 ein Zuschlag von 50 Cent zuzüglich Umsatzsteuer zu erheben“, so der Vorschlag für einen neuen Absatz 1a zu § 2 AMPreisV.
Auf Nachfrage erklärt ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), wie die Abrechnung erfolgen soll: „Anspruch auf den Zuschlag hat die vollversorgende Arzneimittelgroßhandlung, die das ausgetauschte Arzneimittel liefert. Der neue Zuschlag soll analog zu dem Zuschlag nach § 2 Absatz 1 AMPreisV abgerechnet werden.“
Die Nichtverfügbarkeit ist laut dem Sprecher von der Apotheke zu dokumentieren. Unklar ist noch, welche Vorgaben es dafür gibt. Weder ist der „angemessene“ zeitliche Abstand definiert noch die Frage, ob beim Austausch die Vorgaben nach Rahmenvertrag gelten und beispielsweise nach Rabattarzneimitteln zunächst die vier preisgünstigsten Präparate abgegeben werden müssten. Im Extremfall könnten dann zehn Verfügbarkeitsabfragen pro Medikament gestellt und protokolliert werden müssen.
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