GVSG ohne Apotheken

400.000 Euro pro Kiosk

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Berlin -

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) treibt sein umstrittenes Lieblingsprojekt voran: Der Kiosk soll mit dem Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG) eingeführt werden. Aus dem Referentenentwurf geht hervor, dass jeder Kiosk 400.000 Euro pro Jahr kostet. Ferner will Lauterbach mit sogenannten „Primärversorgungszentren“ eine weitere neue Versorgungsform etablieren. Die Apotheken tauchen im Entwurf kein einziges Mal auf.

Ziel des Gesetzes ist, „die Gesundheitsversorgung vor Ort in den Kommunen zu stärken und dabei gleichzeitig die individuelle Gesundheitskompetenz zu erhöhen“. Was als „niedrigschwellige Beratungsangebote für Prävention und Behandlung“ angepriesen wird, meint jene „Gesundheitskioske“, die von den Kommunen zusammen mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV betrieben werden sollen, unter Beteiligung auch der privaten Krankenversicherung (PKV).

Kosten für Kommunen, Kassen und PKV

„Pro Jahr fallen rund 400.000 Euro für den Betrieb eines Gesundheitskiosks an“, heißt es im Gesetzesentwurf. Die Gesamtsumme setzt sich aus rund 80 Prozent für Personalausgaben und rund 20 Prozent für Sachausgaben zusammen. Davon sollen die Krankenkassen 74,5 Prozent, also etwa 300.000 stemmen, die Kommunen pro Gesundheitskiosk rund 80.000 Euro und die PKV 5,5 Prozent oder rund 22.000 Euro. Der PKV-Verband der Ausgaben der privaten Krankenversicherer über eine Umlage auf Bundesebene entsprechend dem Anteil der jeweiligen Versicherten erheben. Das Initiativrecht soll bei den Kommunen liegen, GKV und PKV sind dann zur Beteiligung verpflichtet.

Als mögliche Aufgaben der Gesundheitskioske werden im Entwurf aufgeführt:

  1. die allgemeine Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur medizinischen, präventiven und sozialen Bedarfsermittlung,
  2. die Beratung zu sowie die Empfehlung und Vermittlung von Leistungen zur Prävention (Primär-, Sekundär-, Tertiärprävention) und Gesundheitsförderung und Anleitung zu deren Inanspruchnahme, § 20 Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend,
  3. die Beratung zu und die Vermittlung von Leistungen zur medizinischen Behandlung einschließlich ambulanter telemedizinischer Leistungen und Anleitung zu deren Inanspruchnahme,
  4. die Koordinierung der erforderlichen Gesundheitsleistungen und Anleitung zu deren Inanspruchnahme einschließlich der Anleitung zur Inanspruchnahme ambulanter telemedizinischer Leistungen,
  5. die Unterstützung bei der Klärung gesundheitlicher und sozialer Angelegenheiten,
  6. Informationsveranstaltungen zu Gesundheitsthemen mit dem Ziel, die Gesundheitskompetenz dauerhaft zu verbessern,
  7. die Bildung eines sektorenübergreifenden Netzwerkes,
  8. die Durchführung einfacher medizinischer Routineaufgaben im Rahmen ärztlicher Delegation.

Die Leitung des Gesundheitskiosks soll eine Pflegefachkraft übernehmen. Das Angebot soll allen Einwohner:innen unabhängig vom Versichertenstatus zur Verfügung stehen und bei Bedarf auch mehrsprachig angeboten werden. Den Kassenärztlichen Vereinigungen (KBV) wird bei den Verträgen zur Errichtung eines Gesundheitskiosks die Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

Im Kiosk sollen den Menschen unbürokratisch geholfen werden, wie sie wo die beste Behandlung oder Präventionsangebote finden. „Navigation“ lautet ein Schlagwort. „Auch deshalb ist es wichtig, dass die Kioske in die bereits vor Ort bestehenden Strukturen eingebettet werden, etwa über eine enge Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen und bei Bedarf mit anderen relevanten Sektoren“, heißt es. Der Aufbau von Doppelstrukturen soll aber verhindert werden. Mit den anderen Akteuren im Gesundheitswesen sind vermutlich auch die Apotheken gemeint, die im Referentenentwurf kein einziges Mal namentlich genannt werden. Zum Vergleich: Das Wort „Kiosk“ findet sich 121 mal auf 28 Seiten.

Perspektivisch „ergänzende Primärversorgung“

In der „Aufbauphase“ sollen zunächst die Beratungsaufgaben und bei Bedarf „medizinische Routineaufgaben“ im Mittelpunkt stehen. Perspektivisch sollen in den Kiosken aber auch „Aufgaben der ergänzenden Primärversorgung wahrgenommen werden“, insbesondere zur Entlastung der Ärzt:innen. Das sei ein Beitrag, um „die Versorgung bei einem absehbaren Hausarztmangel auch langfristig sicherzustellen“.

Im Sozialgesetzbuch (SGB V) soll zudem die Rechtsgrundlage für die Errichtung von Primärversorgungszentren geschaffen werden. Dort soll neben der regulären hausärztlichen Versorgung insbesondere eine Betreuung angeboten werden, die „den besonderen medizinischen Bedürfnissen älterer und multimorbider Patientinnen und Patienten entspricht“. Ziel dieser Einrichtungen ist es laut Entwurf, den Herausforderungen in der hausärztlichen Versorgung insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen zu begegnen und den besonderen Bedürfnissen älterer und multimorbider Patientinnen und Patienten gerecht zu werden“.

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