Klinikgesellschaften schlagen Alarm

300 Euro Strafe: Kassen führen Retax-Blacklist ein

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Berlin -

Das MDK-Reformgesetz soll den Medizinischen Dienst der Krankenkassen von diesen lösen und als unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestalten. Gleichzeitig bringt es im Detail viele Änderungen mit sich, die nicht allen Betroffenen schmecken: So kam die Bundesregierung einer langjährigen Forderung der Krankenkassen nach, Kliniken für fehlerhafte Abrechnungen retaxieren zu können. Die Klinikbetreiber wehren sich mit drastischen Worten.

Die Klage der Klinikbetreiber dürfte jedem Apothekeninhaber nur allzu bekannt vorkommen: „Die Mitarbeiter im Krankenhaus bemühen sich um korrekte und transparente Abrechnung der Patientenbehandlung in einem hochkomplexen und kaum überschaubaren System“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung zahlreicher Verbände unter Federführung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). „Der MDK aber sucht im Auftrag der Krankenkassen und mit Rückendeckung der Politik nach den kleinsten Kürzungsmöglichkeiten und sanktioniert die Krankenhäuser mit Strafzahlungen.“ Die tatsächlich geleistete Patientenversorgung bleibe dabei völlig unberücksichtigt.

Grund für die gemeinsame Erklärung, der sich neben zahlreichen Krankenhausgesellschaften auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Diakonie, der Deutsche Städtetag und der Verband der Universitätsklinika Deutschlands angeschlossen haben, sind die Neuerungen, die mit dem MDK-Reformgesetz ab dem 1. Januar gelten sollen. So ist vorgesehen, dass dann jedes Krankenhaus eine Strafzahlung von 300 Euro zahlen muss, sobald der MDK eine Abrechnung beanstandet. Bisher müssen dies nur die Krankenkassen tun, wenn der MDK eine von ihnen als falsch bewertete Abrechnung nicht weiter beanstandet. Durch die neue Regelung soll den Krankenhäusern „ein Anreiz für eine regelkonforme Rechnungsstellung“ geboten werden, heißt es im dahingehenden Änderungsantrag der Regierungsfraktionen.

Und die Reform geht noch weiter. „Künftig soll die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Krankenkassen bestimmen“, schreibt das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Dazu werde ab dem Jahr 2020 eine maximale Prüfquote je Krankenhaus bestimmt, die den Umfang der Prüfungen begrenzen soll. Ab 2021 wird die Höhe der Prüfquote dann durch die Qualität der Abrechnungen bestimmt. „Die Krankenhäuser, die schlecht abrechnen, werden mehr geprüft als gut abrechnende“, so das BMG. Die Konsequenz daraus: „Eine schlechte Abrechnungsqualität hat negative finanzielle Konsequenzen für ein Krankenhaus.“ Eine Aufrechnung mit Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser ist künftig nur noch in festgelegten Ausnahmefällen zulässig. Gleichzeitig sollen strittige Kodier- und Abrechnungsfragen systematisch reduziert und unnötige Prüffelder im Bereich der neuen Pflegepersonalkostenvergütung vermieden werden.

Die Klinikbetreiber selbst sehen in den neuen Regelungen aber weniger Erziehung als vielmehr Schikane. „Regulieren, Drangsalieren, Strangulieren – so lässt sich die Politik der Bundesregierung gegen die Krankenhäuser in Deutschland zusammenfassen“, schreibt die DKG. Unrealistische Personal- und Strukturvorgaben, unzureichende Finanzierung und ungezügelte Kontrollwut der Krankenkassen belasten die Krankenhäuser demnach in einem existenzgefährdenden Ausmaß. „Die von der Politik proklamierte Weiterentwicklung des Krankenhauswesens ist zu einem unkoordinierten Überlebenskampf der Kliniken geworden.“

Der neue Ansatz bei der Abrechnungsprüfung bringe dabei, „angesichts der bekannten Beliebigkeit, mit der Rechnungskürzungen im System vorgenommen werden können, das Fass endgültig zum Überlaufen“. Die DKG spricht von einer „politischen Strafaktion“. Die gemeinsame Positionierung erfolgt im Rahmen es 42. Krankenhaustages, der von Montag bis Donnerstag in Düsseldorf am Rande der Medizinmesse Medica abgehalten wird.

Dessen Kongresspräsident Dr. Michael A. Weber – zugleich Präsident des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands – ließ es dann zur Eröffnung auch nicht an deutlichen Worten mangeln: Durch ausufernde Rechnungsprüfungen und die sofortige Verrechnung der strittigen Beträge würden die Kliniken in erhebliche Liquiditätsprobleme gebracht. „Den grundsätzlichen Ansatz im MDK-Reformgesetz, dies durch Einführung einer Prüfquote und Verbot der Verrechnung zu beenden, haben wir deshalb begrüßt“, so Weber. „Kein Verständnis haben wir dafür, dass es im letzten Moment zu einem Einknicken des Gesetzgebers vor der Kassenlobby gekommen ist.“

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