Honorargutachten

2hm ist untotschweigbar

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München -

Dafür, dass niemand über das Honorargutachten von 2hm sprechen möchte, ist es ziemlich oft Gegenstand der Diskussion. So auch bei der gestrigen Runde des Deutschen Apothekerverlags und des Großhändlers Noweda. Alle Teilnehmer waren sich in zwei Punkten einige: Dass das Gutachten nichts taugt und dass die ABDA besser daran getan hätte, das auch öffentlich zu erklären.

Nachdem die Unternehmensberatung 2hm im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen war, dass im Apothekenmarkt Milliardenreserven schlummern, hatte die ABDA die Strategie verfolgt, das Thema tot zu schweigen. Eine detaillierte Auseinandersetzung sei das Papier überhaupt nicht wert, so der Tenor.

Ob diese Strategie erfolgreich gewesen sei, wurde Magdalene Linz, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, gestern gefragt. „Nein“, so ihr klares Statement, das sie auch mit Beispielen belegen konnte. Zwar habe die ABDA das Thema ignoriert, andere aber nicht. Der GKV-Spitzenverband etwa habe Inhalte 1:1 in ein Positionspapier übernommen. Sie habe sogar aus dem Kassenlager Kritik an der ABDA vernommen, „dass da nicht gegenhalten wurde“, berichtete Linz.

„Zumindest die eklatanten Fehler hätte man benennen müssen. Dann wäre es für die Kassen peinlich gewesen, das Gutachten zu zitieren“, so Linz weiter. Ihre Kammer sei von der ABDA dagegen erst im März über die Details informiert worden. Und das hätte sie fast selbst in eine peinliche Situation gebracht: Bei einer Diskussionsrunde des Bundesverbands Managed Care saß 2hm-Autorin Iris an der Heiden mit auf der Bühne. Zum Glück sei sie, Linz, von der Treuhand Hannover und ihrem Kollegen Dr. Thomas Müller-Bohn mit einigen haarsträubenden Fehlern aus dem Gutachten munitioniert worden, um sich überhaupt duellieren zu können. Es wäre aus ihrer Sicht doch besser gewesen, das Gutachten an einigen Stellen gezielt auseinanderzunehmen. „Ein bisschen mehr als setzen: „Setzen, 6!“ muss es schon sein, das reicht nicht“, so ihre Kritik ab der ABDA-Strategie.

Dezidiert mit dem Gutachten beschäftigt hat sich Rechtsanwalt Dr. Heinz-Uwe Dettling, der ebenfalls an der Diskussion teilnahm. Er hat zusammen mit Uwe May und Cosima Bauer das Gutachten „Honorierungssystem für Apotheken“ verfasst.

Unter den 2hm-Autoren sei dagegen offenbar kein einziger Jurist gewesen, so Dettling. Denn die Annahme, Quersubventionen bei der Preisgestaltung seien verboten, sei nichts als ein falsches juristisch laienhaftes Vorurteil, so Dettling. Und die Berechnung der Kosten pro Packung sei einer der gravierenden Ausgangsfehler im Gutachten. 2hm habe das Werk verfasst, als hieße es in §78 Abs. 2 Satz 1 AMG: „Die Preise und Preisspannen dürfen nur den finanziellen Interessen der Krankenkassen Rechnung tragen“, scherzte Rechtsanwalt Dettling.

Von der betriebswirtschaftlichen Seite aus hat sich Müller-Bohn dem Thema genähert. In dem von ihm herausgegebenen Buch „Neue Wege zur Apothekenhonorierung“ setzt er sich ebenfalls mit diesem „ominösen Gutachten“ auseinander. Würde man die 2hm-Ratschläge befolgen, gäbe es Apotheken künftig nur noch „in den guten Vierteln“ mit hohem OTC-Anteil und viel Kaufkraft, so der Apotheker und Betriebswirt. „Dann reden wir nicht mehr über fünf oder sechs Kilometer Maximalabstand zur nächsten Apotheke, sondern ob sich Arzneimittelversorgung überhaupt noch lohnt.

Beim ebenfalls diskutierten Dauerbrenner RX-Versandverbot macht auch Linz sich nur noch wenig Hoffnung: „Wir wissen doch alle, dass Jens Spahn da nie ein Fan von war.“ Andererseits stehe der Minister schon etwas unter Druck, weil es nun einmal im Koalitionsvertrag stehe. Aber sie bleibt skeptisch: „Ich gehe davon aus, dass Spahn den Zug auf ein anderes Gleis lenken will“, so Linz. Sie sei allerdings gespannt, wie er die Gleichpreisigkeit wieder herstellen will, so dass die alternativen Regelungen dann auch für die ausländischen Versender gilt. „Nicht ganz ohne Grund hat er den Ball zu uns zurückgespielt“, mutmaßt Linz.

Die ABDA wäre zwar laut Präsident Friedemann Schmidt auch zu einem neuen EuGH-Verfahren bereit, aber Dettling zufolge muss es dazu gar nicht kommen. Denn die Luxemburger Richter hätten die Preisbindung nicht für generell unzulässig erklärt, sondern nur die Begründung dafür für nicht stichhaltig.

Insofern könnten die Oberlandesgerichte in den noch anhängigen Verfahren seiner Ansicht nach etwa die neu vorgestellten wissenschaftlichen Daten heranziehen und damit die Preisbindung wieder rechtfertigen. „Dann brauchen wir gar kein Gesetz, dann wäre die Regelung EU-rechtskonform“, so Dettling.

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