23 Prozent Rabatt für alle AOK-Versicherten. Ab 1. Juni gilt diese Devise in allen deutschen Apotheken, denn zu diesem Termin treten die neuen AOK-Rabattverträge in Kraft. Nach einem halben Jahr rechtlicher Querelen - 22 klagende Pharmafirmen, 52 Gerichtsbeschlüsse - hat die Kasse für alle 63 Wirkstoffe Zuschläge erteilt. Pro Jahr sollen sich die Einsparungen auf bis zu 500 Millionen Euro zu Apothekenverkaufspreisen belaufen. Insgesamt hatte die AOK 2007 rund 2,2 Milliarden Euro für die Produkte ausgegeben.
Laut AOK-Verhandlungsführer Dr. Christopher Hermann liegen die erwarteten Einsparungen in einer „ganz anderen Dimension“ als die der bisherigen Rabattverträge: 2007 und 2008 hatte die AOK den Herstellern insgesamt Nachlässe in Höhe von 116 Millionen Euro abgerungen.
Mit den jetzt vereinbarten Absolutpreisen ist künftig alleine die Umsetzungsquote für den Erfolg entscheidend. Nach der Übergangsfrist - bislang ist ein Monat vereinbart - sind die Apotheken daher laut Hermann verpflichtet, die Verträge einzuhalten. Ansonsten drohen Retaxationen. Allerdings kann die Friedenspflicht in den Verhandlungen zwischen AOK und Deutschem Apothekerverband (DAV) verlängert werden.
Was die AOK an Einsparungen hat, haben die Apotheken an Mehrarbeit. Vor allem in den kommenden Wochen kommt auf die Mitarbeiter ein erheblicher Beratungsaufwand zu: Zwar will die AOK nicht nur Vertragspartner und Ärzte, sondern auch ihre Versicherten über die Umsetzung informieren. Doch vermutlich werden nicht alle Unklarheiten durch Mitgliederzeitschrift und die in den Geschäftsstellen ausliegenden Broschüren beseitigt.
Daher haben AOK und DAV einen gemeinsamen Flyer entwickelt, der in den Apotheken zum Einsatz kommen soll. „Mehr als 60 Prozent der AOK-Versicherten müssen in den kommenden Wochen umgestellt werden. Das wird nicht ohne Wartezeiten und Reibungen gehen“, so der DAV-Vorsitzende Fritz Becker. „Für die Apotheken bedeutet das echte Mehrheit - und die Hoffnung, dann für zwei Jahre eine ruhigere Front zu haben.“ Bei pharmazeutischen Bedenken steht den Mitarbeitern übrigens künftig ein separates Sonderkennzeichen zur Verfügung.
Insgesamt müssen 315 Einzelverträge mit 22 Herstellern oder Bietergemeinschaften umgesetzt werden. Für 37 Wirkstoffe haben einzelne Firmen den alleinigen Zuschlag erhalten, bei 22 Wirkstoffen teilen sich zwei Bieter die Gebietslose, bei vier Molekülen gibt es drei Lieferanten. Gewinner sind nach Anzahl der abgeschlossenen Verträge 1A/Sandoz (68 Zuschläge), Sanofi/Winthrop (56 Zuschläge), Aliud/Stada (40 Zuschläge), Betapharm (33 Zuschläge) sowie Mylan Dura (20 Zuschläge).
Damit in den kommenden zwei Jahren nichts schief geht, mussten sich die Pharmafirmen vorab verpflichten, mindestens 70 Prozent der jeweiligen Produkte konstant liefern zu können. Ob das klappt, bleibt abzuwarten. Becker: „Die ausnahmslose Lieferfähigkeit der Hersteller ist der Schlüssel zum Erfolg. Sonst verlieren die Versicherten das Vertrauen in die Rabattverträge, in die AOK und in die Apotheken.“
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