2024: Lauterbachs Reformagenda Patrick Hollstein, 27.12.2023 09:26 Uhr
Innerhalb der Bundesregierung gilt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) als Macher. Zahlreiche Reformen hat er im laufenden Jahr angestoßen. 2024 soll es in hoher Taktung weitergehen.
Lauterbachs Bilanz für 2023 in Zahlen:
- Sieben Gesetze aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) vom Bundestag beschlossen.
- 20 Verordnungen wurden verkündet.
- 30 Berichterstattergespräche fanden statt.
- 468 schriftliche Fragen, 94 Kleine Anfragen und 93 mündliche Fragen wurden beantwortet.
Gesetze 2023
Digitalgesetze
Zu den bekanntesten Gesetzen, die Lauterbach in diesem Jahr vorgelegt und auch durchbekommen hat, gehören das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GNDG). Das E-Rezept wird Anfang 2024 verbindlich, dazu werden verschiedene flankierende Regelungen eingeführt. Die elektronische Patientenakte (ePa) kommt 2025 mit Opt-out-Regelung. Beide Formate waren schon unter Jens Spahn (CDU) als Prestigeobjekte beschlossen worden, doch wegen der Pannen bei der Einführung darf sein Nachfolger die Ernte einfahren. Allerdings muss der Bundesrat Anfang Februar noch zustimmen.
Engpassgesetz
Geerbt hat Lauterbach auch das Problem der Lieferengpässe. Mit kraftvollen Worten trat er kurz vor Weihnachten 2022 vor die Presse, dann dauerte es eine ganze Weile, bis der Entwurf für das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) vorlag. Wegen handwerklicher Mängel musste immer wieder nachgebessert werden; im Sommer trat es in Kraft. Die meisten Regelungen, das räumt Lauterbach selbst ein, werden keinen kurzfristigen Effekt haben.
Pflegestudiumgesetz
Das im Herbst verabschiedete Pflegestudium-Stärkungsgesetz (PflStudStG) soll eigentlich den Pflegeberuf durch eine modernde hochschulische Ausbildung attraktiver machen. Doch schon hier mussten weitere Maßnahmen gegen Lieferengpässe aufgenommen werden, unter anderem der Austausch der Darreichungsformen bei Arzneimitteln für Kinder auf der Basis der Dringlichkeitsliste.
UPD-Gesetz
Auch das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) diente im Frühjahr als Omnibus für die damals dringend benötigte Verlängerung der Austauscherleichterungen.
Pflegegeldgesetz
Mehr Pflegegeld und höhere Zuschläge für pflegende Angehörige waren die wichtigsten Neuregelungen im Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz.
Krankenhaustransparenzgesetz
Wo bekomme ich welche Operation in welcher Qualität? Damit Versicherte Antworten auf diese wichtigen Fragen bekommen, soll ein entsprechendes Qualitätsregister aufgebaut werden. Lauterbach hatte gehofft, dass er das Vorhaben vor der eigentlichen Klinikreform durchbekommt, doch der Bundesrat ließ ihn auflaufen. Im Febuar, so hofft Lauterbach jetzt, soll es im zweiten Anlauf klappen.
Gesetze 2024
Cannabisgesetz
Ebenfalls mit Verspätung kommt das Cannabisgesetz (CanG), zu dem auch ein Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) gehört. Zwar hatte das Kabinett bereits im August zugestimmt, doch innerhalb der Fraktionen gibt es noch immer Klärungsbedarf. Auch aus der SPD-Fraktion gibt es Widerstand; Lauterbach hofft, dass er die Legalisierung zum 1. April durchbekommt. Die millionenschwere Kampagne „Legal aber ...“ des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) läuft bereits seit Wochen.
Apothekenreformgesetz
Seine Ideen zur „Entbürokratisierung der Apotheken“ lancierte Lauterbach über die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) – ohne sich vorab mit der Abda zu treffen. Nach einem ernüchternden Termin am 13. Oktober hat man sich am Mittwoch vor Weihnachten wiedergesehen – noch am selben Abend lancierte Lauterbach die Reformideen, abermals über die Medien.
Krankenhausreform
Lauterbach will die Vergütung der Kliniken auf neue Füße stellen, weil die Fallpauschalen zu Fehlanreizen führen. Kliniken sollen sich spezialisieren, unrentable Häuser sollen schließen. Ein „unsystematisches Krankenhaussterben“ wolle er aber abwenden, so Lauterbach. Hier droht weiterer Ärger mit den Ländern.
Früherkennungsgesetz
Darüber hinaus plant Lauterbach ein Gesetz zur Verbesserung der Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Thema hatte er mit einem „Impulspapier“ gesetzt – auch diesmal unabgestimmt. Jedenfalls fand danach im BMG ein Gespräch dazu statt, an dem auch die Abda teilnahm. Denn die Pläne sehen vor, dass die Krankenkassen den Altersgruppen der 25-, 35- und 50-Jährigen einmalig einen „Voucher“ schicken, mit dem sie in die Apotheke gehen können, um die vorgesehenen Untersuchungen durchführen zu lassen. „Sind die Werte auffällig, dann geht der Patient mit den Werten aus der Apotheke und dem Voucher zum Hausarzt“, erklärte Lauterbach.
Entbürokratisierungsgesetz
Ebenfalls angekündigt ist ein Entbürokratisierungsgesetz. Welche für die Apotheken relevanten Inhalte hier untergebracht werden sollen, ist noch nicht bekannt. Das BMG hatte in seinen Empfehlungen bereits die Abschaffung von Retaxationen und Präqualifizierung mit dem Engpass-Gesetz (ALBVVG) sowie die Pläne für Light-Filialen als Maßnahmen zum Bürokratieabbau verkauft.
Pharmastrategie
Auch ein Medizinforschungsgesetz ist geplant, es ist Teil der Pharmastrategie, mit dem die Hersteller gestärkt werden sollen. Lauterbach sieht es auch als Fortsetzung seiner beiden Digitalgesetze.
In Vorbereitung
Umgesetzt werden sollen außerdem:
- Versorgungsgesetz I – hier geht es unter anderem um die Etablierung von Gesundheitskiosken und Primärversorgungszentren, aber auch um MVZ und die Entbudgetierung für Hausärzte
- Versorgungsgesetz II – im Fokus stehen die ambulante psychotherapeutische Versorgung sowie die Heilmittelerbringung, aber auch die künstliche Befruchtung und Kryokonservierung; vorgesehen ist auch eine Direktabrechnung für Kinder und Jugendliche in der PKV
- Notfallreform
- Reform des Rettungsdienstes
- Pflegekompetenzgesetz
- Gründung Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM)
- Ausbau der Gematik zu einer Digitalagentur
- Patientenrechtegesetz
- Gesetz für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen