Das Adjuvans des Pandemieimpfstoffs Pandemrix ist sechsmal so teuer wie das Antigen: Vom Gesamtpreis von sieben Euro entfällt ein Euro auf die in Hühnereiern hergestellten Virusstrukturen, der Wirkverstärker kostet sechs Euro. Dies geht aus den Verträgen hervor, die der Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) bereits 2007 mit Bund und Ländern für den Pandemiefall geschlossen hatte.
Wie die Preisunterschiede zustande kommen, wollte GSK auf Nachfrage nicht erläutern: Die Vertragspartner hätten sich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Klar ist jedoch: Die Kosten für den Impfstoff standen fest, lange bevor an die Schweinegrippe zu denken war. Im Jahr 2007 hatten die Bundesländer aus Angst vor der Vogelgrippe den Vertrag über die „Bereitstellung eines Pandemie-Impfstoffs“ geschlossen. Der Hersteller wird darin weitgehend vor möglichen Risiken abgesichert.
GSK verpflichtet sich, im Falle einer „akuten Pandemiegefahr“ die bestellten Impfdosen bereit zu stellen; die Länder müssen ihrerseits die Dosen abnehmen. Dieser Fall ist laut Vertrag gegeben, sobald die Pandemie von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgerufen (Bekanntgabe der Stufe sechs) oder von den europäischen Regierungen gesehen wird.
Was unter einer Pandemie zu verstehen ist, war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses allerdings noch anders definiert. Erst im Mai dieses Jahres änderte die WHO ihre Begriffsbestimmung: Die Voraussetzung, dass es sich um eine Krankheit mit hoher Sterblichkeit handeln muss, wurde gestrichen. Im Juni wurde auf der Grundlage der neuen Kriterien die Pandemie ausgerufen - der Vertrag wurde aktiviert.
Genau festgehalten ist der Anteil an Impfstoff, den GSK aus der laufenden Produktion liefern muss: Der Konzern garantiert, dass 25 Prozent der wöchentlichen Ausbeute des Werks in Dresden für den deutschen Markt zur Verfügung gestellt werden; „jedoch maximal die für die Versorgung von 50 Prozent der deutschen Bevölkerung erforderlichen Menge eines Pandemie-Impfstoffes“.
Die Verantwortung für die Logistik wurde auf die Länder übertragen: „GSK stellt den Pandemie-Impfstoff im Sächsischen Serumwerk in Dresden zur Abholung durch die Länder bereit.“ Wird die Ware nach zwei Tagen nicht abgeholt, liegt die „Gefahr der zufälligen Verschlechterung“ des Impfstoffs demnach bei den Ländern.
Sobald die akute Pandemiegefahr endet oder sich das Virus verändert, stellt GSK laut Vertrag die Produktion des Impfstoffs ein beziehungsweise um. Alle bis dahin produzierten Impfdosen müssen die Länder abnehmen. Eine Änderung der vereinbarten Liefermenge oder gar eine Stornierung der Aufträge vor Ende der akuten Pandemiegefahr ist laut Vertrag nicht möglich.
Selbst für den Fall einer „falschen Gefahreneinschätzung“ war der Hersteller abgesichert: Bei einer Entwarnung innerhalb von zwei Wochen nach Bereitstellung des Saatvirus' hätte GSK pauschal 42 Millionen Euro erhalten, bei drei oder vier Wochen hätte die Aufwandsentschädigung 84 Millionen Euro betragen, ab der fünften Woche sogar 224 Millionen Euro.
Berichte, wonach GSK durch den Vertrag von seiner Haftungspflicht freigestellt wird, wies der Konzern zurück: „Es ist nicht richtig, dass GSK für seinen Pandemie-Impfstoff Pandemrix nicht haftet“, teilte der Hersteller mit. Bei einem öffentlich empfohlenen Impfstoff haften demnach sowohl die jeweils zuständige Landesgesundheitsbehörde als auch der pharmazeutische Unternehmer. „Diese gesetzliche Systematik wird durch den Vertrag zwischen GSK und den Bundesländern nicht ausgeschlossen.“
Der 2007 geschlossene Vertrag war ursprünglich bis 2012 befristet, endet nun aber mit dem eingetretenen Pandemiefall. Da davon auszugehen ist, dass die Schweinegrippe nicht die letzte Grippe-Pandemie sein wird, müssen die Länder für den nächsten Pandemiefall einen neuen Vertrag mit einem Impfstoffhersteller schließen. Dann könnten die jetzt gesammelten Erfahrungen in die Vertragsverhandlungen einfließen.
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