Acetylsalicylsalicylsäure (ASS) wird therapeutisch in niedriger Dosierung unter anderem zur Reinfarktprophylaxe eingesetzt. Doch auch mehrere Tausend Gesunde schlucken täglich den Blutverdünner, meist in der Hoffnung, sich so vor Herzinfarkten und Schlaganfällen schützen zu können. Eine im Fachjournal „JACC Heart Failure“ veröffentlichte Studie dänischer Wissenschaftler stellt nun den präventiven Nutzen bei herzschwachen Senioren infrage.
Die Arbeitsgruppe um Dr. Christian Madelaire von der Universitätsklinik Kopenhagen hat in einer aktuellen Studie die Daten von 12.777 älteren Menschen mit einer Herzinsuffizienz, aber ohne Vorhofflimmern ausgewertet. Den Fokus legten sie dabei auf die Sicherheit und Wirksamkeit von niedrig-dosiertem ASS. 3870 Patienten schluckten davon täglich 75 oder 150 mg. Als Kontrollgruppe diente die derselbe Anzahl von Patienten, die allerdings kein ASS einnahm.
Als primären Endpunkt definierten die Wissenschaftler Gesamtmortalität, Herzinfarkt und Schlaganfall. Er wurde sowohl in der ASS- als auch in der Nicht-ASS-Gruppe etwa gleich häufig erreicht. Die Analyse zeigte allerdings, dass die Anwendung des nichtsteroidalen Antirheumatikums (NSAR) mit einem erhöhten Risiko eines Myokardinfarkts assoziiert war (HR: 1,34, Konfidenzintervall 95 Prozent).
Zudem hatten diese Patienten auch ein 25 Prozent erhöhtes Risiko, wegen einer Herzinsuffizienz ins Krankenhaus eingewiesen zu werden (HR: 1,25, Konfidenzintervall 95 Prozent). Die Forscher beobachteten außerdem bei der ASS-Gruppe, dass Blutungen nicht häufiger auftraten. Die Studie legt nahe, dass eine Einnahme von niedrig-dosiertem ASS bei herzkranken Senioren nicht geeignet ist, um eine Lebensverlängerung zu erreichen.
Die US Preventive Service Task Force (USPSTF) empfiehlt allen 50 bis 59-Jährigen mit einem 10-Prozent-Risiko für Herzkreislauferkrankungen, die kein erhöhtes Risiko für Blutungen haben, die tägliche Einnahme von „Low-Dose-ASS“ zur Primärprävention von kardiovaskulären Krankheiten und Darmkrebs. Die Deutsche Herzstiftung bewertet dagegen die tägliche Einnahme von ASS als sinnvoll für Menschen, die früher bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben und somit ein deutlich erhöhtes Risiko für das erneute Auftreten eines solchen Vorfalls besitzen – jedoch ohne Altersangabe.
Ebenso empfehlen die Experten hierzulande ASS für Patienten, die eine koronare Herzkrankheit (KHK) aufweisen, eine Ballondilatation mit Stentimplantation hinter sich haben oder bei denen eine Bypass-Operation stattgefunden hat. Aber auch für bestimmte Personen, die bislang keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten beziehungsweise unter KHK leiden, kann eine tägliche ASS-Einnahme ärztlich empfohlen werden. „Und zwar dann, wenn das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall in den nächsten zehn Jahren statistisch gesehen über 20 Prozent liegt“, so Professor Dr. Helmut Gohlke vom Vorstand der Deutschen Herzstiftung.
Kardiologen könnten das Risiko unter Berücksichtigung von verschiedenen Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Blutdruck, Rauchgewohnheiten oder Cholesterinspiegel berechnen. Niedrig-dosiertes ASS sollte nicht auf eigene Faust genommen werden. „Hat ein Mensch kein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, ist von einer regelmäßigen ASS-Einnahme abzuraten, soweit keine anderen Erkrankungen die Gabe von ASS erforderlich machen“, betont Gohlke.
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