Schutz für das Herz-Kreislauf-System

Zweifel an Omega-3-Fettsäuren

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Berlin -

Omega-3-Fettsäuren gelten gemeinhin als gesund – vor allem in Bezug auf das Herz-Kreislauf-System und bei erhöhten Blutfettwerten. Verschiedene Studien stellen die protektive Wirkung mittlerweile jedoch in Frage, sogar von Nebenwirkungen ist die Rede.

Arzneimittel mit Omega-3-Fettsäuren, die eine Kombination aus Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) enthalten, waren lange Zeit hochdosiert und in Kombination mit anderen Arzneimitteln wie Statinen, Betablockern, ACE-Hemmern oder Thrombozytenaggregrationshemmern in der EU zur Anwendung nach einem Herzinfarkt zugelassen.

Damals wiesen die vorliegenden Daten auf einen positiven Effekt hin: Herz- und Blutgefäßprobleme sollten verringert werden können. Bereits im Dezember 2018 nahm sich die EMA der Thematik erneut an: Neuere, randomisiert-kotrollierte Studien konnten die damaligen Ergebnisse allerdings nicht bestätigen. Omega-3-Fettsäuren gelten jedoch noch immer als beliebtes Nahrungsergänzungsmittel.

Keine schützenden Effekte nachweisbar

Eine damalige Meta-Analyse mit knapp 48.000 Teilnehmern konnte keinen Vorteil auf die Rate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigen. Auch weitere Studien liefern mittlerweile kontroverse Daten. Auf der Jahrestagung der American Heart Association wurden kürzlich die Daten einer Studie vorgestellt, in der Patienten mit erhöhten Triglyzeriden und kardiometabolischen Vorerkrankungen trotz einer hochdosierten Therapie mit Omega-3-Fettsäuren nicht vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen geschützt waren. Im Gegenteil: Die Studie wurde frühzeitig abgebrochen, da sich nicht nur ein fehlender Nutzen, sondern sogar Nebenwirkungen der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren herauskristallisierten.

In der doppelblinden, multizentrischen „Strength-Studie“, welche weltweit in 675 Zentren stattfand, wurde ein Präparat getestet, welches neben EPA und DHA eine weitere Omega-3-Fettsäure enthält. Die Patienten litten unter Hypertriglyzeridämie und hatten bereits kardiometabolische Vorerkrankungen. Die Teilnehmer erhielten 4 Gramm der Omega-3-Kombination oder Placebo zusätzlich zur Standarttherapie. Es wurde angenommen, es würde sich eine positive Auswirkung auf kardiovaskuläre Ereignisse zeigen – diese blieb jedoch aus.

Zwar wurden die Trigylzeridwerte um etwa 18 Prozent gesenkt, auf die schweren kardiovaskulären Ereignisse hatte die Therapie jedoch offenbar keinen Einfluss: Der primäre Endpunkt – eine Kombination aus Myokardinfarkt, Schlaganfall, Koronarrevaskularisation, instabiler Angina pectoris oder einem Herz-Kreislauf-Tod – trat in der Omega-3-Gruppe bei 12 Prozent der Patienten auf, in der Placebogruppe waren es 12,2 Prozent.

Außerdem sei die Therapie nicht von allen Teilnehmern gut vertragen worden: In der Verum-Gruppe kam es wesentlich häufiger zu Nebenwirkungen im Bereich des Gastrointestinaltraktes (24,7 vs. 14,7 Prozent). Außerdem wurde die Therapie häufiger abgesetzt (10,8 vs. 8 Prozent) oder die Dosis reduziert (12 vs. 6,1 Prozent). Desweiteren war kam es häufiger zu neuauftretendem Vorhofflimmern (2,2 vs. 1,3 Prozent).

Keine Sekundärprävention für Omega-3

Bereits im Jahr 2012 sprachen erste Studien den Präparaten die signifikante Reduktion von Herzerkrankungen ab. Im März 2018 hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA auf Ersuchen der schwedischen Arzneimittelbehörde mit einer Überprüfung der oral verfügbaren Präparate mit Omega-3-Fettsäuren begonnen. Im Dezember fiel schließlich die Entscheidung: Die Experten strichen die Indikation. Die positiven Daten der ersten Studien ließen sich nicht bestätigen. Arzneimittel mit Omega-3-Fettsäuren zu 1 g können keine weiteren Herz- und Blutgefäßprobleme bei Patienten nach einem Herzinfarkt verhindern. Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren bestehen laut EMA jedoch nicht.

 

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