Aktualisierung der S1-Leitlinie

Zwei neue Substanzklassen in der Migränetherapie

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Berlin -

Migräne kann mit oder ohne Aura auftreten, in Frequenz und Stärke variieren. Der Leidensdruck Betroffener ist hoch, zwei neue Substanzklassen in der aktualisierten S1-Leitlinie und eine alternative Therapiemethode bieten neue Möglichkeiten.

Migränepatient:innen kämpfen mit einer hohen Krankheitslast: eine eingeschränkte Lebensqualität, Fehlzeiten im Job und häufig auch weniger soziale Kontakte oder sogar Isolation sind die Folgen. Circa 15 bis 24 Prozent der Frauen und 4 bis 11 Prozent der Männer in Deutschland sind betroffen. Die Ziele der Therapie sind neben einer Absenkung der Frequenz auch die Reduktion der Dauer und Stärke der Attacken. Die Herausgeber der Leitlinie sind die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Ditane und Gepante

2022 wurden in der Europäischen Union (EU) zwei neue Substanzklassen für die Migränetherapie zugelassen: Ditane und Gepante.

Lasmiditan

Der Wirkstoff Lasmiditan gehört zu den Ditanen und ist ein Serotonin-1F-Rezeptoragonist. Verfügbar ist dieser in den Wirkstärken 50 mg, 100 mg und 200 mg. Die Besonderheit der Ditane liegt darin, dass sie im Vergleich zu den Triptanen, die ebenfalls Serotonin-Rezeptoragonisten sind, selektiver sind und lediglich an einen einzigen Rezeptor andocken. Dadurch entfällt die unerwünschte Wirkung einer Blutgefäßverengung, wie es bei den Triptanen der Fall ist, und die Ditane sind geeignet für Patient:innen mit einem Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt. Lasmiditan ist für die Akuttherapie zugelassen. Nebenwirkungen, die auftreten können, sind Müdigkeit und Schwindel. Außerdem darf die ersten acht Stunden nach der Einnahme kein Kraftfahrzeug oder Maschinen bedient werden.

Rimegepant

Die Wirkung der Gepante ist ähnlich der von den CGRP-Antikörpern (Calcitonin Gene-Related Peptide): Der Wirkstoff Rimegepant (Vydura) dockt an dem Rezeptor an und blockiert dadurch einen migränebeteiligten Neurotransmitter. Zugelassen ist dieser sowohl für die Akuttherapie der Migräne mit und ohne Aura bei Erwachsenen, als auch für die Prophylaxe der episodischen Migräne bei Erwachsenen mit mindestens vier Attacken pro Monat. Die Verträglichkeit sei gut, aber Interaktionen unter anderem bei CYP3A4-Beteiligung und P-Glykoproteinen müssten beachtet werden.

Die Präparate sind noch nicht verfügbar, die Markteinführung wird 2023 erwartet.

Längere Prophylaxetherapie

Die Leitlinie zur Migräneprophylaxe wird nicht nur um eine Substanzklasse ergänzt, sondern auch in Bezug auf die Prophylaxedauer aktualisiert: Bisher war bei der Einnahme von Medikation zur Prophylaxe eine Überprüfung nach sechs bis neun Monaten angezeigt, darauf sollte eine Anwendung für maximal zwölf Monate folgen. Jetzt wurde die Empfehlung für die Dauer einer Prophylaxetherapie für Patient:innen mit einer langen Migräneanamnese oder auch Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder chronischen Schmerzerkrankungen auf mindestens zwölf bis 24 Monate erweitert. Die Therapie kann zum Beispiel die Einnahme von Amitriptylin oder Betablockern umfassen, aber auch monoklonale Antikörper sind möglich. Seit 2022 ist ein neuer monoklonaler Antikörper zugelassen worden, Eptinezumab wird intravenös appliziert.

Kombinationstherapie besonders wirksam

Die nicht medikamentöse Therapie verliert trotzdem nicht an Bedeutung, die Kombinationstherapie mit Arzneimitteln habe sogar die beste Wirksamkeit. Darüber hinaus werde dadurch die Autonomie und Selbstverantwortung der Betroffenen gefördert und es gebe so gut wie keine unerwünschten Arzneimittelwirkungen.

Noch immer empfohlen werden neben Ausdauersport auch Entspannungstechniken und Verhaltenstherapien. Neu ist aber auch die Empfehlung einer nichtinvasiven Neurostimulation des Trigeminusnervs über Klebeelektroden an der Stirn. Das sei gerade für Patient:innen geeignet, die keine Medikamente einnehmen wollen oder bei denen andere Therapien nicht angeschlagen haben oder kontraindiziert sind. Bislang übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die Stimulationstherapie allerdings nicht. Ebenfalls der Leitlinie zugefügt wurden Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGa), zum Beispiel in Form von Kopfschmerztagebüchern, die klinische Effektivität sei aber noch nicht abschließend belegt.

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