Sieg von MSD gegen Shiongi: Das Europäische Patentamt hat den Weg endgültig frei gemacht für den weiteren Vertrieb von Isentress (Raltegravir) in Deutschland. Das Bundespatentgericht entschied jetzt, dass der US-Hersteller 4 Prozent vom Umsatz für die zwischenzeitliche Patentnutzung an das japanische Unternehmen zahlen muss.
Shiongi und Merck & Co (in Deutschland MSD) forschten beide parallel an Medikamenten mit einer Gruppe von Stoffen, die die Vermehrung des HI-Virus im Körper entgegenwirken. Dazu gehört der heute als Raltegravir bekannte Wirkstoff.
Shiongi meldete als erstes im August 2002 ein europäisches Patent an, im Oktober folgte eine italienische Tochter von Merck. Das Patent für Merck wurde 2006 erteilt, das für Shinogi erst 2012.
Im Jahr 2007 erhielt Merck eine Zulassung für Isentress in den USA, seit 2008 bietet MSD das Medikament in Deutschland an. Shiongi wollte das 2015 mit einer Klage vor dem Landgericht Düsseldorf unterbinden, da sich das Unternehmen in seinen Patentrechten verletzt sah. MSD wiederum ging gegen das Patent der Japaner vor. In einem Eilverfahren erlaubte das Bundespatentgericht MSD im vergangenen Jahr vorläufig, Isentress weiter zu vertreiben, weil etwa Schwangere und Neugeborene das Medikament dringend bräuchten.
Der Patentsenat war zudem der Ansicht, dass sich MSD vor dem Gerichtsverfahren ausreichend darum bemüht hatte, mit den Japanern eine Lizenz auszuhandeln. Die Gespräche seien erfolglos verlaufen, weil die Vorstellungen der Parteien über die Höhe der Lizenzgebühr weit auseinander gelegen hätten.
Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte die sehr seltene Zwangslizenz. Es liege im öffentlichen Interesse, dass MSD das Medikament weiter verkaufen könne, weil Shiongi es selbst nicht auf dem Markt anbiete. Alternative Mittel seien mit Risiken verbunden, die nicht für alle Patienten hinnehmbar erschienen. Der 3. Senat ließ die Festsetzung der Lizenzgebühr und der Rechnungslegung bis zum Hauptsacheverfahren offen.
Mittlerweile hat das EU-Patentamt das Streitpatent zu Raltegravir rechtskräftig aufgehoben. Damit wurde der Weg für das Hauptsacheverfahren frei. Mit Urteil vom 21. November setzte der 3. Senat des Bundespatentgerichts fest, dass MSD für die zwischenzeitliche Patentbenutzung 4 Prozent vom Umsatz mit Isentress an Shiongi zahlen muss. Eine schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.
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