Zuckerabbau führt zu Schmerzen Karoline Schumbach, 21.05.2012 14:31 Uhr
Diabetische Neuropathien könnten bald noch gezielter behandelt werden. Wissenschaftler der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Heidelberg haben entdeckt, dass Methylglyoxal für die Schmerzen verantwortlich ist. Durch die gezielte Ausschaltung des Zucker-Abbauprodukts kann den Wissenschaftlern zufolge das Schmerzempfinden verbessert werden.
Methylglyoxal ist ein Nebenprodukt der Glykolyse und kommt auch bei gesunden Menschen vor. Normalerweise wird das zytotoxische Produkt durch Enzyme abgebaut. Durch das Überangebot an Zucker bei Diabetes-Patienten entsteht zuviel Methylglyoxal, das sich in den Nerven anreichert.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass Methylglyoxal auf spannungsabhängige Natriumkanäle der Nozizeptoren wirkt. Dabei aktiviert das Aldehyd den Forschern zufolge den Subtyp Nav 1.8, der für die schmerzhafte Überempfindlichkeit zum Beispiel gegen Hitze und mechanische Reize verantwortlich ist.
Auf Nav 1.7 wirkt Methyglyoxal hingegen hemmend. Da der Kanal auch in den Neuronen des vegetativen Nervensystems vorkommt, vermuten die Wissenschaftler, dass sich so die Schwäche von Magen- und Darmmuskulatur und der Harnblase bei Diabetikern erklären lässt.
Die Wirkung des Aldehyds wurde in verschiedenen Studien untersucht. Anhand von Nervenzellen von Mäusen, die mit Methylglyoxal behandelt wurden, konnten die Forscher eine verminderte Nervenleitgeschwindigkeit, erhöhe Cyclooxygenase-2-Aktivität und eine thermische und mechanische Hyperalgesie messen.
Auch am Menschen wurden die Zusammenhänge der Substanz auf die Neuropathie bereits untersucht: So konnte bei zehn Patienten der Heidelberger Universitätsklinik festgestellt werden, dass die Stärke des Schmerzes mit dem Spiegel des Methylglyoxal im Blutplasma korrelierte.
Ein Wirkstoff wurde ebenfalls bereits getestet: Die Forscher entwickelten einen sogenannten Methylglyoxal Scavenger, der mit dem Stoffwechselgift eine Art Komplex bildet und es dadurch unwirksam macht. In Versuchen mit Mäusen konnten die Wissenschaftler mit der bereits patentierten Substanz die Hyperalgesie vermindern.