Die Entwicklung spezieller Medikamente für Kinder liegt nach Meinung von Experten weiter im Argen. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind in Deutschland etwa 59.000 Arzneimittel zugelassen, rund 40 Prozent davon auch für die Anwendung bei Kindern.
Zwar sieht die EU-Arzneimittelverordnung seit 2007 vor, dass Pharmakonzerne jedes neue Medikament auch in Studien mit Kindern testen müssen. Die Zahl dieser Studien sei bisher aber nicht signifikant gestiegen, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Professor Dr. Fred Zepp.
Nur an etwa fünf Prozent aller Studien sind nach Angaben der DGKJ Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren beteiligt, Neugeborene und Kinder bis zwei Jahre sogar nur an höchstens zwei Prozent der Studien. „Wir hätten uns als Kinder- und Jugendärzte gewünscht, dass schon mehr passiert wäre“, sagte Zepp.
Warum es für Kinder und Jugendliche nur wenige zugelassene Medikamente gibt, liegt für Zepp auf der Hand: „Die Unternehmen orientieren sich am Machbaren, am Rentablen.“ Die Altersgruppe der Menschen bis 18 Jahre mache in Deutschland nur rund 15 bis 18 Prozent der Bevölkerung aus. In dieser Gruppe gebe es weniger chronisch Kranke, der Genesungszeitraum sei normalerweise kurz. Der Aufwand für eine Studie mit Kindern sei hinsichtlich Planung, Durchführung und Kontrolle viel höher und auch unter medizinisch-ethischen Aspekten genau zu prüfen, erklärte Zepp. Aber auch auch Kinder hätten „ein Recht auf Fortschritt“, sagte Zepp.
Nach Schätzungen der DGKJ werden 25 bis 70 Prozent der Arzneimittel, die in der stationären Versorgung von Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden, Off-Label angewendet: Auf pädiatrischen Intensivstationen würden rund 70 Prozent der Kinder mit Arzneimitteln behandelt, die nicht speziell für sie zugelassen sind, in der Früh- und Neugeborenen-Intensivmedizin sogar rund 90 Prozent der Patienten. In der ambulanten Versorgung ist Off-Label-Use nach Angaben des DGJK weniger üblich. Betroffen seien dort, abhängig von Anwendungsbereich und Altersgruppe, zwischen 11 und 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen.
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