Wieder Rückschläge für Alzheimer-Medikamente APOTHEKE ADHOC, 11.02.2020 14:33 Uhr
Demenzerkrankungen nehmen weltweit zu, die Forschung nach geeigneten Arzneimitteln steht daher im Fokus. Nun konnten weder Roche mit Gantenerumab noch Lilly mit Solanezumab in Studien überzeugen. Für beide Kandidaten ist es nicht der erste Rückschlag.
Die Testreihe der beiden Arzneistoffe wurde von der Washington University School of Medicine in St. Louis gesponsert. Ziel war die Behandlung von Patienten, die an einer vererbten Form der Alzheimer-Krankheit leiden – der sogenannten „autosomal-dominanten Alzheimer-Demenz“ (ADAD), welche weniger als 1 Prozent aller Krankheitsfälle ausmacht. Die Betroffenen entwickeln häufig vor dem 60. Lebensjahr eine Alzheimer-Krankheit und haben eine 50-prozentige Chance, die Mutation weiterzugeben.
In einer Phase-II/Phase-III-Studie konnten die gesteckten Ziele nun nicht erreicht werden: Unter der Behandlung mit den Wirkstoffen zeigte sich keine signifikante Verlangsamung der Rate des kognitiven Rückgangs bei den Patienten. Gantenerumab wird laut Roche nun bis 2022 weiterhin in den zwei großen globalen Phase-III-Studien Graduate 1 und 2 an Alzheimer-Kranken untersucht, bei denen die Genmutation nicht die Ursache ist.
Gantenerumab wirkt auf Grundlage einer passiven Immunisierung. Der Antikörper richtet sichgegen das für die Alzheimer-Krankheit charakteristische Eiweiß „Beta-Amyloid“. Amyloid- und Tau-Proteinen spielen eine wichtige Rolle für die gesunde, normale Funktion eines Gehirns. Alzheimer beginnt, wenn normale Tau-Proteine durch Trunkation pathologisch werden: Struktur und Funktion werden verändert. Die ungesunden Tau-Proteine binden sich aneinander und es entstehen Verklumpungen, die sich im Gehirn ausbreiten und die Krankheit verursachen. Die Verteilung dieser Klumpen zeigt eine starke Korrelation mit klinischen Symptomen bei Patienten.
Solanezumab ist ein monoklonaler Anti-Amyloid-Antikörper, der bei älteren Personen getestet wurde, die Anzeichen von Amyloid im Gehirn haben, jedoch keine Symptome einer Gedächtnisstörung aufweisen. Obwohl auch Solanezumab die primären Endpunkte nicht erreichen konnte, will Lilly weitere Analysen von sekundären Endpunkten und Biomarkern bis 2020 weiterführen. Die seit 2010 durchgeführte Studie von Lilly, Roche und Genentech ist die erste Krankheitspräventionsstudie, in der Wirkstoffe der Alzheimer-Krankheit mit unterschiedlichen Wirkmechanismen von zwei Pharmaunternehmen getestet wurden.
Für beide Arzneistoffe ist es nicht der erste Rückschlag: Im Dezember 2014 floppte Gantenerumab in einer klinischen Studie: Roche stellte die Entwicklung des Mittels wegen enttäuschender Resultate in der Phase-III-Studie daraufhin zunächst ein. Ein Jahr später nahm Roche die Studien jedoch wieder auf. Denn beim US-Konkurrenten Biogen konnten mit Aducanumab positive Ergebnisse verzeichnet werden. Auch Lilly hat mit Solanezumab bereits in mehreren Studien die gesteckten Ziele verfehlt, einschließlich einer Studie gegen leichte Alzheimer-Krankheit. Auf der Suche nach einem Medikament gegen Alzheimer sind schon viele große Pharmaunternehmen gescheitert. Sie setzten lange Zeit auf Mittel, die bei vollem Ausbruch der Krankheit zum Einsatz kommen sollten. Mittlerweile schwenken die Forscher um und wollen Alzheimer bereits im Frühstadium bekämpfen. Auch verschiedene Impfstoffe befinden sich derzeit in der Entwicklung.
Bei einer Demenzerkrankung, werden nach und nach Nervenzellen im Gehirn zerstört, was zu einem Verlust der geistigen Fähigkeiten führt. Die Ursachen sind bis heute nicht vollständig geklärt. Das macht eine gezielte Prävention von Demenzerkrankungen besonders schwierig. Einige Faktoren können jedoch das Risiko mindern, an Demenz zu erkranken: Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, niedrige Cholesterinspiegel und ein gut eingestellter Blutdruck sind Faktoren, die selbst beeinflusst werden können und eine gute Basis liefern, nicht an Demenz zu erkranken. Ein ganz natürlicher Vorgang ist hingegen die Abnahme der Fähigkeit zur Bildung neuer Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen mit zunehmendem Alter.