Familiäres Chylomikronämie Syndrom

Waylivra: Premiere bei FCS

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Berlin -

Für das seltene Familiäre Chylomikronämie Syndrom (FCS) steht nun eine medikamentöse Behandlungmöglichkeit zur Verfügung: Akcea hat die Zulassung für Waylivra (Volanesorsen) erhalten, welches die erste und einzige Therapieoption darstellt. Im März hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sein positives Votum ausgesprochen.

FCS ist eine sehr seltene, genetische Erkrankung, die den Fettabbau im Körper verhindert. Dadurch kommt es zu extrem hohen Triglycerinwerten von über 885 mg/dl im Blut. „FCS-Patienten haben Trigyceridwerte, die das 10- bis 100-Fache des Normalwertes betragen“, erklärt Professor Dr. Volker Schettler vom Nephrologischen Zentrum Göttingen. Ein typisches Anzeichen für FCS ist, dass Blutproben aufgrund des hohen Fettanteils ein milchig-trübes Aussehen aufweisen – das sogenannte „lipämische Blutserum“.

Das Enzym Lipoproteinlipase (LPL) hydrolisiert normalerweise die Triglyceride in den Chylomikronen und führt so zu deren Abbau. Bei FCS liegt jedoch eine Funktionsstörung der LPL vor: Dadurch kommt es zu der extrem hohen Anzahl an Chylomikronen. Chylomikronen transportieren mit der Nahrung aufgenommene Fette vom Darm zur Leber und zum Fettgewebe, aber auch zu anderen Organen wie Herz, Nieren, Lunge und Muskeln. Das Antisense-Oligonukleotid Volanesorsen hemmt die Bildung von Apolipoprotein C-III, einem Inhibitor des Triglycerid-Stoffwechsels. Es bindet an die ApoC-III-mRNA, führt so zur Degradation der mRNA und ermöglicht damit eine höhere Chylomikronen-Abbaurate über einen LPL-unabhängigen Reaktionsweg.

Patienten leiden unter Symptomen wie Abdominalschmerzen oder kognitiven Beeinträchtigungen. Die Betroffenen sind meist nur eingeschränkt arbeitsfähig, häufig kommt es zu psychosozialen Folgen: Betroffene berichten oft von Benommenheit, Angstzuständen und Depressionen welche zu sozialer Isolierung führen. Weitere Folgen der Erkrankung können dauerhafte Organschädigungen sein, wie beispielsweise eine chronische Pankreatitis und pankreatopriver Diabetes. Die chronische Pankreatitis entsteht meist infolge einer akuten Pankreatitis, die im schlimmsten Fall tödlich verläuft und damit als schwerwiegendste Komplikation des FCS gilt.

 

Eine akute Pankreatitis verursacht schwere Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im oberen Abdomen, die in den Rücken und Brustkorb ausstrahlen können. „Wahrscheinlich bis zu 80 Prozent der FCS-Patienten bekommen im Laufe der Erkrankung eine akute Pankreatitis, bei den meisten Betroffenen ist diese rezidivierend“, erklärt Professor Dr. Gerald Klose, Direktor der Klinik für Innere Medizin und Ärztlicher Direktor des Zentralkrankenhauses Links der Weser. Aktuelle Daten zeigen, dass 34 Prozent der FCS- Patienten mit akuter Pankreatitis ein anhaltendes Organversagen davontragen, das wiederum bei sieben Prozent zum Tode führt. Waylivra soll in Kombination mit einer Diät das Risiko einer solchen Pankreatitis und das damit verbundene Risiko vermindern. Bisher beschränkten sich die Therapieoptionen im Wesentlichen auf eine streng fettarme Diät, Alkoholabstinenz und einige wenige lipidsenkende Medikamente wie beispielsweise Fibrate. Jedoch sprechen FCS-Patienten auf diese Art Medikamente kaum an.

Waylivra steht als Fertigspritze mit 285 mg Volanesorsen für eine subkutane Selbstinjektion zur Verfügung. Die Applikation kann nach einer Schulung bequem zu Hause erfolgen. Zu den häufig dokumentierten unerwünschten Arzneimittelwirkungen zählen Reaktionen an der Einstichstelle sowie eine verminderte Zahl an Blutplättchen, dies kann zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen. Daher sollte die Thrombozytenzahl der Patienten während der Behandlung überwacht und die Dosis entsprechend angepasst werden. Akcea strebt neben den Zulassungen von Waylivra in Deutschland und Österreich auch eine Zulassung in den USA und Kanada an.

Volanesorsen wurde in der Zulassungsstudie „Approach“ getestet: Die randomisierte, doppelblinde, multizentrische und placebokontrollierte Phase-III-Studie untersuchte die Gabe von Waylivra als unterstützende Behandlung in Kombination mit einer Diät und im Vergleich zu Placebo. Mit 66 Studienteilnehmern in zwölf Ländern ist sie die bisher größte kontrollierte Studie bei FCS. Volanesorsen senkte innerhalb von drei Monaten die Nüchterntriglyceride signifikant um 77 Prozent, während sie unter Placebo um 18 Prozent anstiegen. „Der erzielte Triglycerid-Durchschnittswert von unter 752 mg/dl lag unter dem Schwellenwert der Richtlinien der European Atherosclerosis Society für ein klinisch signifikantes Pankreatitisrisiko“, erklärte Professor Elisabeth Steinhagen-Thiessen. Außerdem wurde die Häufigkeit von Pankreatitis bei Patienten mit rezidivierenden Pankreatitiden in der Vorgeschichte innerhalb der 52-wöchigen Behandlungszeit deutlich reduziert.

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