Risikobewertungsverfahren

Warnhinweis und Obergrenze für Dimenhydrinat

, Uhr
Berlin -

Für Dimenhydrinat- beziehungsweise Diphenhydramin-haltige Antiemetika, die zur Anwendung für Kinder bis drei Jahren angezeigt ist, könnte eine Änderung der Produktinformationen für orale und rektale Darreichungsformen angeordnet werden. Ursache sind Meldungen von Nebenwirkungen – davon fünf Fälle mit tödlichem Ausgang.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat bis dato 39 Fälle schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen – fünf davon mit tödlichem Ausgang, bei Kleinkindern im Alter von 29 Tagen bis drei Jahren unter der Behandlung mit Dimenhydrinat- beziehungsweise Diphenhydramin-haltigen Antiemetika erhalten. Angesichts der Vorfälle sollen Maßnahmen zur Risikominimierung und zur Vermeidung von Überdosierungen sowie zur Präzisierung der Indikation vorgenommen werden. Anzuordnen sind diese entsprechend §28 Arzneimittelgesetz (AMG) durch die Zulassungsbehörde.

Eine Änderung der Produktinformationen ist unerlässlich, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Arzneimittel aufrechtzuerhalten, so das BfArM. Betroffen sind sowohl orale als auch rektale Darreichungsformen, die für Kinder bis drei Jahren angezeigt sind.

Die Produktinformationen sollen künftig einen Warnhinweis zur maximalen Tagesdosierung pro kgKG enthalten. Für Dimenhydrinat liegt die Höchstdosis bei 5 mg/kgKG innerhalb von 24 Stunden. Für Diphenhydramin sind die pharmazeutischen Unternehmer aufgefordert, die Grenze festzulegen.

Folgender Wortlaut wird für die Änderungen zur Dosierung und Art der Anwendung vorgeschlagen: „Überdosierung mit Dimenhydrinat/Diphenhydramin, dem Wirkstoff von XY kann insbesondere bei Kindern unter drei Jahren lebensbedrohlich sein und muss deshalb insbesondere in dieser Altersgruppe unter allen Umständen vermieden werden. Es dürfen nicht mehr als 5mg/ kgKG/ 24 Stunden gegeben werden“. Kinder mit einem Körpergewicht von acht Kilogramm, dürfen demnach nicht mehr als 40 mg Wirkstoff innerhalb 24 Stunden erhalten – bei 16 kgKG entsprechend maximal 80 mg.

Die Warnhinweise könnten um folgenden Zusatz ergänzt werden: „Studien haben gezeigt, dass die Gabe von Dimenhydrinat/Diphenhydramin an Säuglinge und Kleinkinder zur Behandlung einer banalen Gastroenteritis keinen Vorteil im Vergleich zu einer alleinigen Substitution mit Flüssigkeit und Elektrolyten zeigt“. Demnach sollten die Antihistaminika der ersten Generation nicht zur Therapie der banalen Gastroenteritis angewendet werden.

Vor der Anwendung sollte die Indikation für die Altersgruppe streng gestellt werden. Eine einfache Magendarmgrippe oder ein fiebriger Infekt sollten lediglich mit ausreichender Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr behandelt werden. Außerdem sollen feste Darreichungsformen mit einem Wirkstoffgehalt von 70 mg nicht bei Kleinkindern unter 14 kgKG angewendet werden.

Die 39 gemeldeten Fälle schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen lassen sich wie folgt aufschlüsseln: In sechs Fällen wurde das Medikament versehentlich geschluckt, in neun Fällen war die Indikation nicht genannt, in 14 Fällen wurde das Antiemetikum zur Behandlung eines fieberhaftes Infektes und in zehn Fällen zur Therapie einer Gastroenteritis verwendet. Der Großteil der Todesfälle konnte auf eine Überdosierung und eine damit einhergehende Intoxikation zurückgeführt werden.

Bereits vor fünf Jahren erarbeitete die deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin gemeinsam mit der Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter ein Positionspapier zu den Gefahren der Antihistaminika hin. Die Bindung der Arzneistoffe an zerebrale H1-Rezeptoren verursache besonders bei Kindern zentralnervöse Symptome wie etwa Benommenheit oder in toxischen Dosen Halluzinationen oder Krampfanfälle.

Bei Säuglingen könne ein Atemstillstand ausgelöst werden, hieß es im Papier. Außerdem wiesen die Experten darauf hin, dass für Säuglinge und Kleinkinder die Indikation „Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen bei Reisekrankheit“ in Studien nicht bestätigt wurde und vielmehr Kinder zwischen vier und zehn Jahren unter Kinetosen leiden.

Dimenhydrinat unterdrückt die Wirkung des Botenstoffs Histamin und wirkt so Übelkeit und Erbrechen entgegen. Im Handel sind Präparate als Saft, Zäpfchen, Kaugummi und Tablette, diese können je nach Alter und Gewicht unterschiedlich dosiert werden. Bekannte Marken sind Vomex (Klinge), Vomacur (Hexal) und Superpep (Hermes).

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Produktion wird eingestellt
Aus für Fumaderm
Mehr aus Ressort
3 Mio. Versicherte von Engpässen betroffen
Zi: ALBVVG bringt keine Besserung
Duvakitug erzielt „bahnbrechende Ergebnisse“
Colitis ulcerosa & Morbus Crohn: Neue Hoffnung
Fokus auf schweren Erkrankungen
2025: Mehr als 40 neue Medikamente

APOTHEKE ADHOC Debatte