Logische Konsequenz oder längst überfällig? Iberogast bekommt einen Warnhinweis – so wie es das BfArM schon seit vielen Jahren fordert. Bislang sah Bayer keinen Handlungsbedarf, nun ist der Konzern eingeknickt und zieht den Kopf aus der Schlinge, weil neue Fälle von Leberschädigungen gemeldet wurden. Was ist eure Meinung: Ist der Warnhinweis gerechtfertigt? Oder wird „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“? Empfehlt ihr das Produkt trotzdem? Oder droht Iberogast der Absturz? Und wie ist eure Meinung zum Thema Schöllkraut? Jetzt mitdiskutieren im LABOR von APOTHEKE ADHOC!
Inzwischen war es ruhiger um das Thema Iberogast geworden. Doch nun liegen dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) neue Nebenwirkungsmeldungen von Leberschädigungen im Zusammenhang mit der Anwendung des Magenmittels vorgelegt. „Die berichteten Leberreaktionen entsprechen in den meisten Fällen dem in den Bescheiden des BfArM dargestellten Spektrum. Darunter befindet sich nun ein im Juli 2018 bekannt gewordener zweiter Fall eines Leberversagens mit Lebertransplantation, der jedoch letztlich tödlich endete“, heißt es in einer Mitteilung der Behörde.
Das BfArM erhielt über die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) weitere Informationen. Bis zum 10. September haben demnach weitere Informationen von den meldenden Ärzten die Behörde erreicht, „die im Ergebnis einen Zusammenhang mit der vorherigen Anwendung von Iberogast nahe legen“.
Bayer hatte das Nutzen-Risiko-Profil für Iberogast stets als unverändert positiv bewertet. „Sicherheit und Wirksamkeit von Iberogast wurden in kontrollierten klinischen Studien mit mehr als 55.000 Probanden bestätigt“, so eine ältere Stellungnahme. Dennoch hat der Konzern vorgesorgt und geht auf Nummer sicher und hat bereits seit 2010 eine Zulassung für die Variante ohne Angelikawurzel, Mariendistel und Schöllkraut in der Tasche.
Für Iberogast geht es zunächst mit einem Warnhinweis in Fach- und Gebrauchsinformation weiter. Das sicherte Bayer dem BfArM zu. Umsetzen will der Konzern die Vorgaben innerhalb von vier Wochen. Die Zusage konnte einen Sofortvollzug abwenden. „Damit erübrigt sich die Anordnung des Sofortvollzugs durch das BfArM, der anderenfalls im Lichte der jetzt vorliegenden Informationen geboten gewesen und erlassen worden wäre. Das BfArM behält sich diese Maßnahme weiterhin vor, sollte der Zulassungsinhaber den eingegangenen Verpflichtungen wider Erwarten nicht nachkommen.“
In der Schweiz muss Iberogast bereits seit Januar einen Warnhinweis tragen. Die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic hatte keinen Aufschub gewährt, auch wenn das Verfahren noch nicht abgeschlossen war. Folgende Formulierung wurde aufgenommen: „Schöllkraut-Präparate wurden in sehr seltenen Fällen mit Leberschädigungen in Verbindung gebracht. Bei Patienten mit aktuell bestehender oder anamnestisch bekannter Lebererkrankung sowie bei Patienten, die mit anderen Arzneimitteln behandelt werden, welche die Leber oder die Leberwerte beeinträchtigen können, muss der Nutzen des Arzneimittels sorgfältig gegen das Risiko von akutem Leberversagen oder einer nachteiligen Wirkung auf die Leberfunktionswerte abgewogen werden.“
Unter den unerwünschten Wirkungen werden als „sehr selten“ vorkommend akutes Leberversagen, Hepatitis und nachteilige Wirkungen auf die Leberfunktionswerte (erhöhte Transaminasen- und/oder Bilirubinwerte) aufgenommen.
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