Vorsicht bei Vitamin D und Digitoxin APOTHEKE ADHOC, 22.08.2018 13:30 Uhr
Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel werden häufig in Bezug auf mögliche Wechselwirkungen mit Arzneimitteln unterschätzt. Dass Vitamin D in Kombination mit Hydrochlorothiazid einen erhöhten Calciumspiegel in Plasma und Urin verursachen kann, ist bekannt. Eine Wechselwirkung ist aber auch in Kombination mit herzwirksamen Glykosiden möglich.
Fall: Eine ältere, in ihrer Mobilität eingeschränkte Dame möchte ein Rezept über Digitoxin einlösen. Außerdem verlangt sie nach einem Vitamin D-Präparat, da sie die meiste Zeit in der Wohnung verbringen muss.
Analyse: Colecalciferol zählt zu den Secosteroiden und wird über Zwischenstufen zum Hormon Calcitriol, der physiologisch aktiven Form des Vitamin D. Zusammen mit Parathormon und Calcitonin ist es wesentlich an der Regulation des Calcium- und Phosphathaushalts beteiligt. In biologisch aktiver Form stimuliert Vitamin D3 die intestinale Calciumresorption, den Einbau von Calcium in das Osteoid und die Freisetzung von Calcium aus dem Knochengewebe.
Digitoxin ist ein langwirksames Glykosid mit geringer therapeutischer Breite. Die Wirkung basiert auf einer spezifischen Hemmung der Adenosintriphosphatase und somit des aktiven Transports von Natrium- und Kaliumionen. Die extra- und intrazellulären Natriumkonzentrationen nähern sich einander an, wodurch der Natrium-Calcium-Austauscher keinen antreibenden Konzentrationsgradienten mehr besitzt. Mehr Calcium verbleibt in der Zelle, welches für die Herzmuskelkontraktion benötigt wird. Wird der Austausch von Natrium und Kalium gehemmt, nimmt außerdem die Impulsüberleitungsrate in Vorhof und AV-Knoten ab (negativ dromotrop). Durch die synergistische Wirkung von Calcium und Digitoxin kann eine Hypercalcämie zu schweren Erregungsleitungsstörungen führen. Ist die extrazelluläre Kaliumkonzentration niedrig, wird der Effekt der Herzglykoside ebenfalls verstärkt – wohingegen eine geringe Calciumkonzentration außerhalb der Zelle die Wirksamkeit herabsetzt und einen umgekehrten Effekt zur Folge hat.
Herzglykoside wie Digitoxin besitzen positiv inotrope und bathmotrope Eigenschaften. Sie wirken sich also positiv auf die Herzmuskelkontraktilität- und Geschwindigkeit sowie die Reizschwelle aus. Zudem besitzen die Wirkstoffe negativ chronotrope und dromotrope Eigenschaften – Herzfrequenz und Erregungsleitung werden gesenkt beziehungsweise verzögert.
Ein infolge der Vitamin D-Substitution erhöhter Calciumspiegel kann die Toxizität von herzwirksamen Glykosiden wie Digitoxin erhöhen. Somit besteht ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen.
Kommunikation: Vor der Einnahme von Vitamin D sollte die Kundin Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten. Ist eine Substitution unerlässlich, sollte die Dame regelmäßig in Bezug auf die Calciumspiegel in Urin und Plasma überwacht werden: Empfehlenswert ist auch ein EKG in regelmäßigen Abständen. Empfohlen ist auch eine Bestimmung des Vitamin D3-Wertes, um herauszufinden ob eine Supplementierung notwendig ist.