Remdesivir zählt zu den Hoffnungsträgern der Covid-19-Therapie und wird in verschiedenen Studien untersucht. In einer außerordentlichen Sitzung hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine Empfehlung abgegeben, wie das Prüfpräparat im Rahmen des „Compassionate Use“ eingesetzt werden sollte.
Estland, Griechenland, die Niederlande und Rumänien hatten die EMA um eine Stellungnahme gebeten. Der Ausschuss sollte die Bedingungen für einen frühzeitigen Zugang von Remdesivir im Rahmen des „Compassionate Use“ definieren.
Können Patienten nicht mit den verfügbaren Arzneimitteln erfolgreich behandelt werden, kann ein noch nicht zugelassener Wirkstoff zum Einsatz kommen („Compassionate Use“). Nicht für alle Substanzen kommt ein solches Härtefallprogramm infrage, denn die Wirkstoffe benötigen eine bestätigte Anzeige durch die zuständigen Behörden. Diese wird nur erteilt, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind – beispielsweise, dass bereits ein Zulassungsantrag gestellt wurde oder dass ausreichende Hinweise auf Wirksamkeit und Sicherheit verfügbar sind und bereits klinische Studien durchgeführt werden.
Ein Härtefall liegt beispielsweise vor, wenn Patienten an einer Erkrankung leiden, die zu einer Behinderung oder gar zum Tod führen kann, wenn diese nicht mit einem auf dem Markt befindlichen Medikament ausreichend behandelt werden kann und keine anderen geeigneten Therapieoptionen zur Verfügung stehen, einschließlich der Teilnahme an klinischen Studien. Für das Härtefallprogramm gibt es eine zeitliche Begrenzung. Dieses endet mit der Markteinführung.
Programme des „Compassionate Use“ sollen laut EMA Patienten mit einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, für die keine Behandlungsoptionen verfügbar sind, den Zugang zu einer Arzneimitteltherapie verschaffen, die sich noch in der Entwicklung befindet und noch keine Zulassung erhalten hat.
„Klinische Studien sind nach wie vor der Goldstandard für die Erhebung robuster Daten über die Sicherheit und Wirksamkeit von Prüfpräparaten, aber der CHMP erkennt die Notwendigkeit eines harmonisierten Ansatzes für den ‚Compassionate Use‘ in der EU an, um Patienten, die nicht für die Aufnahme in klinische Studien infrage kommen, Zugang zu Remedesivir zu ermöglichen“, sagt der CHMP-Vorsitzende Dr. Harald Enzmann. Zudem ermutigt die EMA den Hersteller Gilead, Remdesivir auf faire und transparente Weise zur Verfügung zu stellen.
Remdesivir hat sich in Laborstudien als wirksam gegen Sars-CoV-2 und andere Typen von Coronaviren (SARS-CoV und MERS-CoV) erwiesen. Derzeit gibt es jedoch nur begrenzte Daten über die Anwendung von Remdesivir bei Covid-19-Patienten.
Die derzeitige Pandemie überflute das Härtefallprogramm massiv: Eigentlich sei es nur für einen sehr eingeschränkten Zugang zu Prüfpräparaten eingerichtet worden – jedoch niemals als Reaktion auf eine Pandemie. Der Notfallzugang zum Wirkstoff könne durch die exponentiell ansteigende Nachfrage nicht mehr gewährleistet werden, erklärte Gilead in der vergangenen Woche.
Der Konzern arbeitet derzeit nach eigenen Angaben daran, zuvor genehmigte Anfragen zu bearbeiten. Gleichzeitig würden Möglichkeiten entwickelt, um einen erweiterten Zugang zu ermöglichen. Neue Anfragen zum „Compassionate Use“ von Remdesivir könnten derzeit jedoch nicht angenommen werden. „Dieser Ansatz wird sowohl den Zugang zu Remdesivir für schwerkranke Patienten beschleunigen, als auch die Erfassung von Daten aller teilnehmenden Patienten ermöglichen", erklärte der Konzern.
APOTHEKE ADHOC Debatte