Verschreibungspflicht

Kein Rx-Limit für OTC-Analgetika Patrick Hollstein, 06.05.2015 14:42 Uhr

Berlin - 

Eine generelle Begrenzung der Packungsgrößen bei OTC-Analgetika gibt es nicht. Dennoch hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuletzt versucht, eine solche aus der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) herzuleiten. Geht nicht, erklärte am Mittwoch das Verwaltungsgericht Köln (VG). Damit kann Novartis sein Präparat Voltaren dolo weiter als 20er-Packung verkaufen.

Voltaren dolo enthält 25 Milligramm Diclofenac. Der Wirkstoff ist in der Dosierung laut AMVV zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und Fieber verschreibungsfrei, solange eine Tagesdosis von 25 bis maximal 75 Milligramm nicht überschritten wird und die Anwendung für maximal drei (Antipyrese) beziehungsweise vier (Analgesie) Tage vorgesehen ist.

Aus den Eckdaten lässt sich so gesehen eine Beschränkung auf zwölf Tabletten herleiten. Im Herbst hatte das BfArM diese Sichtweise aufgegriffen und die Begrenzung gegenüber mehreren Herstellern zur Voraussetzung für die Zulassung gemacht.

Die Firmen hatten argumentiert, dass die Vorgaben der AMVV keine Wirkung in Bezug auf die Packungsgröße hätten; der Regelungsgehalt erstrecke sich ausschließlich auf Dosierung und Anwendungsdauer. Mit einer Packung könnten auch mehrere Behandlungszyklen abgedeckt werden – Paradebeispiel in der Debatte waren Präparate gegen Regelschmerzen.

Das VG teilt diese Einschätzung. Bei zulassungskonformer Anwendung bleibe in der Packung nach der ersten Therapie nur eine begrenzte Restmenge übrig, die als Vorrat bei wiederkehrenden Schmerzzuständen wie Menstruationsschmerzen oder Kopfschmerzen zur Verfügung stehe und eine sofortige Anwendung ermögliche. Die 20er-Packung sei daher noch therapiegerecht.

Außerdem seien keine nennenswerten Risiken erkennbar, wenn das Präparat für sieben statt vier Tage eingenommen werde. Die vom BfArM ins Feld geführten Risiken seien insbesondere bei Langzeitstudien mit höher dosierten Arzneimitteln erkennbar geworden; die Risiken in der Kurzzeitanwendung seien gering. Eine Verschleppung von Krankheiten sei bei der Kurzzeitanwendung in der Regel nicht zu befürchten. Bei ärztlich kontrollierter Anwendung gebe es ohnehin keine strikte Begrenzung der Anwendungsdauer.

Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor; da die Richter aber explizit auf die Sicherheitsaspekte eingegangen sind, wird es Jumbopackungen vermutlich auch in Zukunft nicht geben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; dem Vernehmen nach laufen parallel weitere Verfahren mit anderen Herstellern.

Laut Arzneimittelgesetz kann die Befreiung von Wirkstoffen aus der Rezeptpflicht auf bestimmte Dosierungen, Potenzierungen, Darreichungsformen, Fertigarzneimittel oder Anwendungsbereiche beschränkt werden. Die Empfehlungen gibt der beim BfArM angesiedelte Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht; erlassen werden die Änderungsverordnungen vom Bundesgesundheitsministerium (BMG).

Bei Pseudoephedrin und Paracetamol wurden die Packungsgrößen vor einigen Jahren durch eine eindeutige Formulierung beschränkt: Bei dem Sympathomimetikum ist die Wirkstoffmenge pro Packung auf 720 Milligramm beschränkt, beim Analgetikum auf 10 Gramm.

Um einer missbräuchlichen Daueranwendung entgegenzuwirken, hatte der Sachverständigenausschuss 2012 die Packungsgrößen von OTC-Analgetika grundsätzlich begrenzen wollen. Der Empfehlung zufolge sollte ASS nur noch als 24er-Packung und Ibuprofen je nach Dosierung als Packung zu 12 beziehungsweise 24 Stück ohne Rezept erhältlich sein. Diclofenac sollte ebenfalls auf zwölf Tabletten je Präparat begrenzt werden. Das BMG folgte der Empfehlung nicht; womöglich hatten die Hersteller auf politischer Ebene interveniert.