Impfkomplikationen

VITT: Bivalirudin statt Heparin APOTHEKE ADHOC, 14.05.2021 13:24 Uhr

Selten, aber gefährlich: Bei einer VITT muss rechtzeitig und zielgerichtet therapiert werden. Foto: Tum ZzzzZ/shutterstock.com
Berlin - 

Die Therapie der Vakzine-induzierten immunogenen thrombotischen Thrombozytopenie (VITT) sorgte anfänglich für Probleme und Unsicherheit, da es sich um ein neues Krankheitsbild handelte. Mittlerweile ist klar: Mit herkömmlichen Heparinen darf sie nicht behandelt werden. Mediziner sind daher auf der Suche nach geeigneten Alternativen, um die seltene Nebenwirkung gut und sicher therapieren zu können. In den USA wurden nun gute Erfahrungen mit dem Thrombin-Inhibitor Bivalirudin gemacht.

Die VITT – häufig auch als Vakzine-induzierte prothrombotische Immunthrombozytopenie“ (VIPIT) bezeichnet – gilt als seltene Komplikation nach einer Impfung mit adenovirusbasierten Vakzinen gegen Sars-CoV-2. Dabei werden durch die Impfung immunvermittelt Antikörper gegen Thrombozytenantigene gebildet. Nach derzeitigem Kenntnisstand richten sich die Autoantikörper gegen einen Kom­­plex aus dem Plättchenfaktor 4 (PF4) und einem Polyanion. Worum es sich bei letzterem konkret handelt, ist nicht abschließend geklärt – im Verdacht steht „verlorene“ DNA des Impfstoffs.

In Bezug auf die Pathogenese gibt es einige Ähnlichkeiten zur heparininduzierten Thrombozytopenie (HIT): Daher wird von einer Therapie mit Heparinen abgeraten. Bei einer Anwendung könnte es zu einer weiteren Komplexbildung kommen, die die Symptomatik verschärft. Es müssen also andere Substanzen aus der Gruppe der Antikoagulanzien zum Einsatz kommen. Ein Team der University of Colorado School of Medicine hat den Thrombininhibitor Bivalirudin getestet, der normalerweise verwendet wird, um Stent-Thrombosen zu vermeiden.

Sie berichten über eine Patientin, die sich innerhalb einer Woche vollständig von der Sinusvenenthrombose erholt hat. Die 40-Jährige hatte fünf Tage nach der Impfung des Herstellers Johnson & Johnson (Janssen) über Kopf- und Muskelschmerzen, sowie eine Entzündung im Hals und Beschwerden in den Nebenhöhlen geklagt. Nach acht Tagen hatte sie ärztliche Hilfe aufgesucht. Daraufhin wurde sie mit Kortison, Antibiotika und einem Spasmolytikum behandelt.

An Tag 12 wurde sie schließlich in einer Notfallambulanz vorstellig. Dort wurden stecknadelkopfgroße Blutungen im Gesicht und auf der Brust festgestellt. Die Laboruntersuchung zeigte einen Thrombozyten-Mangel, außerdem deutete der D-Dimer auf eine Thrombose hin. Diese wurde per CT im linken Bereich des Gehirns festgestellt. Folglich wurde die Diagnose VITT gestellt.

Die Patienten wurde mit Bivalirudin, intravenösen Immunglobulinen und Prednison behandelt. Bereits nach kurzer Zeit zeigte sich eine Besserung ihres Zustandes: In den nächsten Tagen stiegen die Thrombozyten an und der D-Dimer-Wert besserte sich. Nach sechs Tagen wurde die Patienten aus der Klinik entlassen. Mittlerweile sei sie frei von Kopfschmerzen, Anzeichen für bleibende Schäden gebe es nicht. Die Therapie mit Bivalirudin scheint demnach frühzeitige Thrombosen rasch bekämpfen zu können und als geeignete Substanz bei Sinus- und Hirnvenenthrombosen in Frage zu kommen, so das Team.