Krebserkrankungen

Vitrakvi: Erste tumorunabhängige Zulassung

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Berlin -

Bayer hat die Zulassung von Vitrakvi (Larotrectinib) erhalten: Das Arzneimittel stellt damit die erste tumorunabhängige Zulassung in der EU dar. Es ist geeignet für die Behandlung von Erwachsenen und Kindern mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten soliden Tumoren, die eine seltene Genom-Veränderung aufweisen – sie so genannte NTRK-Genfusion. Im August hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine bedingte Zulassungsempfehlung ausgesprochen. In den USA, Kanada und Brasilien hat Bayer die Zulassung für Vitrakvi bereits.

Vitrakvi ist indiziert für die Behandlung von erwachsenen und pädiatrischen Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten soliden Tumoren. Voraussetzung ist, dass eine neurotrophe Tyrosin-Rezeptor-Kinase (NTRK)-Genfusion vorliegt und die Tumore lokal fortgeschritten oder metastasiert sind oder eine chirurgische Resektion eine hohe Morbidität zur Folge haben kann. Das präzisionsonkologische Arzneimittel wurde gezielt zur Behandlung von Tumoren mit einer NTRK-Genfusion entwickelt und stellt eine histologieunabhängige Krebstherapie dar. Bislang wurden Patienten bis zu 38,7 Monate mit Larotrectinib behandelt, viele Patienten setzen die Behandlung weiter fort.

Larotrectinib ist derzeit die Behandlung mit der umfangreichsten Datengrundlage und Erfahrung bei Patienten mit TRK-Fusionstumoren. Die Mutation ist zwar selten, kann aber überall im Körper auftreten. Damit stellt das Arzneimittel nicht nur eine Therapieoption für eine Krebsart, sondern für verschiedene Tumore dar. „Mit dieser erstmaligen tumor-unabhängigen Zulassung in der EU haben Ärzte in Europa nun die Möglichkeit, weniger differenzierte Behandlungsansätze durch ein präzisionsonkologisches Arzneimittel zu ersetzen, das exklusiv für die Behandlung von Tumoren mit einer NTRK-Genfusion entwickelt wurde“,sagte Professor Dr. Jesus Garcia-Foncillas, Direktor des Krebsinstituts der Universität von Madrid und Leiter der Onkologie am Universitätskrankenhaus.

„Bisher werden oft Chemotherapien oder immunonkologische Therapien zur Behandlung von Patienten mit TRK-Fusionstumoren eingesetzt, obwohl diese sich als begrenzt wirksam erwiesen haben und wesentliche Nebenwirkungen haben können“, erklärte Garcia-Foncillas. Der Ansatz von Vitrakvi zielt auf die spezifische genomische Veränderung ab und blockiert die Wirkung der Proteine und hemmt so das Tumorwachstum. Weil die NTRK-Genfusionen unabhängig von bestimmten Zell- und Gewebearten auftreten können, ist der Einsatz von Larotrectinib beispielsweise bei Lungen- und Schilddrüsenkrebs, Melanomen, Dickdarm-, Bauchspeicheldrüsen-, Gallengangskarzinomen oder Tumoren des Wurmfortsatzes, Sarkomen, Gliomen und Gliobastomen sowie bestimmten pädiatrischen Tumoren wie infantilem Fibrosarkom und Weichteilsarkom möglich. Das neuartige Arzneimittel wird oral verabreicht.

In drei einarmigen Studien wurden Wirksamkeit und Sicherheit an insgesamt 102 Erwachsenen und Kindern und 29 Histologien bestätigt. Die Probanden wurden zuvor mit der Standardtherapie behandelt, hatten sich einer Operation unterzogen. Die Primäranalyse zeigt eine Ansprechrate (ORR) von 72 Prozent, davon zeigten 16 Prozent ein vollständiges Ansprechen (CR). Für 55 Prozent der Probanden wurde ein partielles Ansprechen (PR) dokumentiert. Bezogen auf primäre ZNS-Tumore betrug das ORR 67 Prozent, davon 15 Prozent CR und 51 Prozent PR. Die klinischen Studien bestätigen dem Arzneistoff ein günstiges Sicherheitsprofil. Mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind erniedrigte Neutrophilenzahl, Anämie, Gewichtszunahme, Fatigue, Schwindelgefühl, Übelkeit oder eine erniedrigte Leukozytenzahl. Drei Prozent der Patienten mussten die Behandlung aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen abbrechen.

Die EU-Zulassung von Vitrakvi sei ein wesentlicher Fortschritt im Kampf gegen Krebs, sagte Robert LaCaze, Leiter der Strategischen Geschäftseinheit Onkologie von Bayer. In der Behandlung von Krebs erlebe man derzeit einen Paradigmenwechsel. Auch Marcia K. Horn, Vorsitzende des International Cancer Advocacy Network, bestätigte dies: „Unser Wissen über die Tumorgenomik wächst ständig und damit wird die Präzisionsonkologie als Therapieansatz, der direkt auf die für das Tumorwachstum verantwortlichen Genomveränderungen abzielt, für die Patienten immer bedeutender.“

Bei den TRK-Tumoren handelt es sich um sehr seltene Tumore: In Europa wird deren Zahl auf nicht mehr als einige Tausend pro Jahr geschätzt. Betroffen können sowohl Erwachsene als auch Kinder sein. Die Chromosomenmutation entsteht, wenn sich ein NTRK-Gen auf abnorme Weise mit einem anderen nicht zusammenhängenden Gen verbindet. Das TRK-Fusionsprotein ist als onkogener Treiber kontinuierlich aktiv und regt das Wachstum von Krebszellen durch eine unkontrollierte Zellkommunikation an.

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