Keine prophylaktische Einnahme für alle

Vitamin D gegen Corona: BfR bleibt skeptisch APOTHEKE ADHOC, 18.05.2021 15:00 Uhr

BfR stellt klar: Vitamin D dient nicht der Covid-19-Vorbeugung und -Behandlung. Foto: nitpicker/Shutterstock.com
Berlin - 

Nach der Stellungnahme des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) zum Thema Vitamin D innerhalb der Corona-Prophylaxe rückt das Hormon erneut in den Fokus. Denn der Inhalt wurde von vielen Leser:innen so gedeutet, dass Cholicalciferol den Expert:innen zufolge einer Sars-CoV-2-Infektion vorbeugen könnte. Dem sei aber nicht so – die Stellungnahme sei nie so gemeint gewesen, teilt das BfR mit. Das Institut empfiehlt weiterhin keine prophylaktische Vitamin-D-Einnahme für alle.

„Es gibt Hinweise darauf, dass ein unzureichender Vitamin D-Serumspiegel mit einem erhöhten Risiko für akute Atemwegsinfekte einhergeht. Dazu gehört auch die Covid-19-Erkrankung, für die die Datenlage aktuell noch unsicher ist“, heißt es in der Mitteilung „Vitamin D, das Immunsystem und Covid-19“. Bislang sah das Institut keinen Zusammenhang zwischen Vitamin D und Covid-19. Nun führte der Text bei zahlreichen Leser:innen dazu, dass Vitamin D als möglicher Wirkstoff zur Prophylaxe und Behandlung der Infektionskrankheit angenommen wurde. Seit Längerem kursieren in den Medien Meldungen zu einer möglichen Wirksamkeit gegen Covid-19.

Kein Kurswechsel, sondern nur ein Hinweis

Doch um eine komplett neue Stellung zum Hormon und dessen Einsatz im Rahmen von Atemwegserkrankungen handele es sich dabei nicht, betont das BfR. Die Mitteilung sei vielmehr als Hinweis darauf zu verstehen, dass es einen Zusammenhang zwischen einer unzureichenden Vitamin-D-Versorgung ein erhöhtes Risiko für Atemwegsinfekte wie Covid-19 gebe. Daraus lasse sich keine allgemeine Prophylaxe-Empfehlung ableiten.

Vielmehr warnt das BfR vor übermäßigen Einnahmen: Wer supplementieren will, der sollte sich an der Höchstdosis von 800 I.E. (entsprechend 20 μg) täglich orientieren. Zur Gesamtaufnahme inklusive Nahrung und Sonnenlicht heißt es: „Im Falle der zusätzlichen Aufnahme von Vitamin D über Nahrungsergänzungsmittel ist zu berücksichtigen, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine tolerierbare Gesamtzufuhrmenge (Tolerable Upper Intake Level, UL) für Vitamin D in Höhe von 100 µg (4000 I.E.) pro Tag für Erwachsene und Kinder ab elf Jahren abgeleitet hat.”

Es gehe vielmehr darum aufzuzeigen, dass es keine ausreichende Evidenz zum Thema Covid-19 und Vitamin D gebe. Einen wissenschaftlichen Beweis darüber, dass eine über den ernährungsphysiologischen Bedarf hinausgehende Cholecalciferol-Einnahme einen zusätzlichen Gesundheitsnutzen habe, existiere momentan nicht. Daher gibt das BfR auch keine generelle Empfehlung zur Ergänzung mittels Tabletten, Tropfen & Co.: „Eine generelle Empfehlung zur Vorbeugung von akuten Atemwegserkrankungen durch die Einnahme von Vitamin D-haltigen Präparaten ist daher derzeit nicht begründbar.“

Das Bundesinstitut warnt in der Mitteilung vor allem vor den möglichen gesundheitlichen Risiken einer eigenständigen Einnahme von Vitamin-D-Präparaten. „Höhere Dosierungen sollten nur unter ärztlicher Kontrolle und unter Berücksichtigung des individuellen Vitamin-D-Status erfolgen“, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme des Instituts. Bei einer Einnahme von bis zu 20 µg seien „gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten“.

Das Institut gibt am Ende der Mitteilung auch eine klare Einstufung von Nahrungsergänzungsmitteln generell: „Nahrungsergänzungsmittel sind nicht dazu bestimmt, eine Erkrankung zu heilen oder zu lindern. Nahrungsergänzungsmittel sind keine Arzneimittel, sondern Lebensmittel, die die normale Ernährung ergänzen können. Sie müssen sicher sein und dürfen keine gesundheitlich unerwünschten Wirkungen haben.“

Vitamin D – ein Thema das polarisiert

Vitamin D wird immer wieder als mögliche Therapieoption bei zahlreichen Erkrankungen erwähnt. Die Pandemie bietet dem Stoff erneut eine Bühne. Ein Mangel an Vitamin D wurde bereits im vergangenen Sommer in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf gebracht. Einige Mediziner, darunter auch Professor Dr. Hans-Konrad-Biesalski von der Universität Hohenheim, empfahlen damals ein generelles Screening des Vitamin-D-Haushaltes bei hospitalisierten Covid-Patienten.

Rund ein Jahr später wurde diese Empfehlung aber nicht in die S3-Leitlinie zur Behandlung von Corona-Patienten im Krankenhaus aufgenommen. In der fünften Fassung heißt es: „Vitamin D3 soll bei hospitalisierten Covid-19-Patienten zur Covid-19-Behandlung nicht verabreicht werden.“ Die Studienlage sei unzureichend: „In die Bewertung von Vitamin D3 konnte aufgrund des Mangels an veröffentlichten randomisiert kontrollierten Studien zum Zeitpunkt der Erstellung des Evidenzprofils nur eine Studie mit insgesamt 76 Patienten einbezogen werden.“ Und in dieser Studie zeigte die Gabe des Vitamins keine therapeutischen Vorteile im Vergleich zur Standardtherapie.