Vitamin D

BfArM: Keine Arzneimittel zur Prävention

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Berlin -

60 Prozent der deutschen Bevölkerung sind nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Die Behörde rät allerdings dazu, auf Nahrungsergänzungsmittel und nicht auf die von ihr zugelassenen Arzneimittel zurückzugreifen. Medikamente seien prinzipiell nur für wenige Indikationen zugelassen und nicht für die tägliche Supplementierung geeignet. Daran ändere auch die – zum Teil gleiche – Dosierung nichts. Damit greift die Behörde Produkte aus der Apotheke wie die Vigantoletten von Merck an.

Über den Nutzen einer Vitamin D-Supplementierung wird gestritten. Während einige Experten die Einnahme ausschließlich für Patienten mit Mangelerscheinungen empfehlen und unter anderem das allergene Potenzial des Stoffes beschreiben, werden inzwischen die Stimmen lauter, die vor einer Unterversorgung warnen. Verschiedene Studien zeigten in den vergangenen Jahren, dass ein Mangel des Vitamins die Schmerzempfindlichkeit beeinflussen, Depressionen fördern und die Gedächtnisleistung beeinflussen kann.

Das Vitamin wird im Blut durch seinen Metaboliten 25-Hydoxy-Vitamin D nachgewiesen. Eine Konzentration von 50 nmol pro Liter im Blut gilt als Zielkonzentration. Als Risikogruppe zählen laut BfArM Personen mit einem Colecalciferol-Spiegel unterhalb von 50 nmol – das sind etwa 60 Prozent der Bevölkerung. Bei etwa 15 Prozent der Bevölkerung liege die durchschnittliche Serumkonzentration sogar deutlich unter 25 nmol pro Liter.

Das BfArM bezieht nun klar Stellung: „Ein großer Teil der Bevölkerung nutzt das präventive Potenzial von Vitamin D für die Knochengesundheit nicht aus und ist somit nicht optimal versorgt“, heißt es. Im Erwachsenenalter könne ein ausgeprägter Mangel zu Osteoporose und einer unzureichenden Mineralisierung des Knochens führen.

Arzneimittel sind nach Ansicht des BfArM aber nicht geeignet, um die Versorgungslücke zu füllen. In ihrer Stellungnahme grenzt die Behörde die Anwendungsgebiete von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln mit Colecalciferol klar ab. Bei der Klassifizierung stehe nicht die pharmakologische Wirkung per se im Vordergrund, sondern die Indikation des Präparates. Arzneimittel dürften ausschließlich zur Behandlung, Linderung und Vorbeugung von Krankheiten eingesetzt werden. Für die Gesunderhaltung – und darunter fällt laut Stellungnahme auch die Beseitigung einer nicht optimalen Versorgung mit Vitamin D – gebe es Nahrungsergänzungsmittel.

Die Indikationen für Colecalciferol-haltige Arzneimittel seien klar umrissen, so das BfArM weiter. Sie dürften nur zur Behandlung der Osteoporose, zur Mangelprophylaxe bei älteren Patienten, zur Behandlung eines manifesten Mangels, zur Prävention und Behandlung der Rachitis und für die parenterale Ernährung eingesetzt werden.

Dabei sei nebensächlich, dass die Dosierung der Präparate teilweise identisch ist. Ausschlaggebend sei einzig und allein die Intention, mit der das Produkt eingenommen werde. Auch sollte eine Supplementierung grundsätzlich nur dann empfohlen werden, wenn ein unzureichender Spiegel von Vitamin D von ärztlicher Seite diagnostiziert wurde. Präparate mit hochdosiertem Colecalciferol sollen nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen, so das BfArM weiter.

Zuletzt hatte Stiftung Warentest zu den deutlich günstigeren Nahrungsergänzungen mit Vitamin D geraten. Allerdings empfahl die Zeitschrift die Supplementierung ausschließlich für Alte, Kranke und Säuglinge. Niemand sollte aber Vitamin D auf Verdacht einnehmen, hieß es. In größeren Mengen eingenommen, könnten Nebenwirkungen wie Nierensteine entstehen.

Für den Bericht hatte Warentest verschiedene Studien analysiert. Demnach schützten Vitamin-D-Präparate nur bedingt vor Krankheiten, hieß es mit Bezug auf eine Metaanalyse, bei der Wissenschaftler 40 klinische Studien ausgewertet hatten. Die Autoren kamen zu dem Urteil, dass Studien die Hoffnung nicht stützten, Vitamin D-Pillen würden Krankheiten vorbeugen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt bei nicht ausreichender Eigenproduktion von Vitamin D eine orale Zufuhr von 20 μg pro Tag. Säuglinge sollen die Hälfte erhalten. Da das Vitamin, wenn es über einen längeren Zeitraum in hohen Dosen eingenommen wird, zu Hypercalcämie führen kann, soll eine Tagesdosis von 100 μg Vitamin D pro Tag nicht überschritten werden.

Merck ist mit den Vigantoletten mit weitem Abstand Marktführer: Jeweils rund zwei Drittel der 7,5 Millionen Packungen im Wert von rund 55 Millionen Euro (Apothekenverkaufspreise, AVP) entfallen auf den in den 1960er Jahren eingeführten Klassiker. Dahinter folgen Vitamin D3 von Hevert mit einem Marktanteil von rund 20 Prozent und Dekristol von Mibe mit 4 Prozent. Vitamin D3 von Köhler und Vitagamma von Wörwag kommen auf je 2 Prozent, Dedrei von Rottapharm und Vitamin D Loges auf jeweils 1 Prozent.

Der Markt wächst nach wie vor um rund 20 Prozent pro Jahr. Zuletzt gab es einige Neueinführungen im hochdosierten Bereich. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte bis zu 4000 Internationale Einheiten (I.E.) pro Tag für zulässig erklärt, das entspricht 100µg.

Damit sind Nahrungsergänzungsmittel teilweise sogar in höheren Konzentrationen erhältlich als Arzneimittel. Die Chance genutzt hatten unter anderem Mibe und Wörwag, die im November 2014 mit Dekristolvit beziehungsweise Vitagamma entsprechende Präparate auf den Markt gebracht hatten.

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