Arzneimittelrückstände

Virustatika und Psychopharmaka in Flüssen

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Arzneimittelrückstände lassen sich in fast allen Gewässern nachweisen. Wurden über Jahre hinweg vor allem Spuren von Schmerzmitteln nachgewiesen, kommen mittlerweile auch Psychopharmaka und Virustatika vermehrt vor. Experten der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) in Koblenz warnen vor Folgen für Mensch und Umwelt.

Um die Belastung der Gewässer mit Arzneimitteln zu testen, fahren Wissenschaftler des BfG regelmäßig zu Bächen und Flüssen und nehmen dort Proben des Wassers. Je nachdem, was untersucht werden soll, werden außerdem Grundwasser aus Brunnen, Erde von Feldern oder Sedimente aus Flüssen mit ins Labor gebracht.

Mit Hilfe chromatographischer oder massenspektrometrischer Methoden werden in den Proben dann einzelne Substanzen analysiert oder aber Metabolite identifiziert. Zwar liegen die nachgewiesenen Arzneimittelkonzentrationen im Nanogramm-Bereich und damit weit unter der Wirkkonzentration der Substanzen. Dennoch hat sich beispielsweise der Ausbruch der Schweinegrippe unmittelbar in den Flüssen Deutschlands widergespiegelt. „Wir haben in den Herbst- und Wintermonaten während der Schweinegrippeepidemie höhere Konzentrationen des Wirkstoffs Oseltamivir gesehen“, erklärte Dr. Thomas Ternes, Referatsleiter für Gewässerchemie bei der BfG, gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Der größte Teil der nachgewiesenen Substanzen stammt aus Ausscheidungsprodukten des Menschen. „Arzneimittel werden im Körper nicht komplett mineralisiert“, so Ternes. „Abhängig vom Wirkstoff wird entweder ein Teil der Ausgangssubstanz oder dessen Metabolite wieder ausgeschieden. Über die Kanalisation gelangen die Substanzen dann in die Kläranlagen.“ Weil gereinigtes Abwasser zum Teil wieder in die Flüsse gelangt, testen die Forscher auch die Wirkstoffkonzentrationen im Abwasser von Kläranlagen vor und nach der Reinigung.


Einige Substanzen, beispielsweise Hormone, werden zu 90 Prozent durch die Reinigungsprozesse abgefangen, bei Röntgenkontrastmitteln sind es 30 bis 60 Prozent. Kleinere Moleküle, etwa Antidepressiva oder Antibiotika, können die Anlage sogar komplett passieren, ohne sich an den Klärschlamm zu binden oder abgebaut zu werden.

Inwieweit die Belastung von Gewässern mit Arzneimitteln, aber auch mit Kosmetika, Putz- und Reinigungsmitteln oder anderen Chemikalien verhindert werden kann, wird seit einigen Jahren getestet. Die bislang dreistufige Reinigung des Abwassers in Kläranlagen, die aus mechanischer und biologischer Aufbereitung sowie einer Nachreinigung besteht, soll durch zusätzliche Verfahren verbessert werden. In Deutschland gibt es bereits einzelne Kläranlagen, in deren System Membran- oder Aktivkohlefilter beziehungsweise eine Behandlung des Wassers mit Ozon integriert worden ist. Eine von der EU geförderte Pilotanlage in Gelsenkirchen soll im kommenden Jahr eröffnet werden und die Kosteneffizienz der verschiedenen Verfahren prüfen.

„Die langfristigen Auswirkungen auf die Umwelt sind noch weitgehend unbekannt“, warnt Ternes. Bei Fischen wurde beispielsweise eine Verweiblichung durch Kontrazeptiva beobachtet, bei Zuckmücken reduzierte sich die Schlupfrate durch die Einwirkung von Carbamazepin. Welchen Einfluss die regelmäßige Aufnahme kleinster Arzneimittelmengen habe, müsse noch weiter untersucht werden.

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