Die EU-Komission hat eine Neubewertung des Wirkstoffes Fosfomycin vorgenommen, diese wurde Anfang Juni abgeschlossen. Der Grund der Überprüfung: Das Epoxid-Antibiotikum wird vermehrt in intravenöser Form bei komplizierten Infektionen eingesetzt. Um Resistenzbildungen zu vermeiden, wurden Vorgaben zum therapeutischen Einsatz erstellt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Wirkstoff nur im Ausnahmefall als Monotherapie Verwendung finden soll. Vornehmlich sollte eine kombinierte Gabe mit weiteren Antibiotika erfolgen. Auch die Indikationsgebiete und die Dosierung wurden seitens der EMA überarbeitet. Im Zuge der Corona-Pandemie warnt die WHO generell vor einem verfrühten Einsatz von Antibiotika. Die standardmäßige Zusatztherapie würde keine Verbesserung hinsichtlich des Gesamtüberlebens bieten.
Bisher gab es zahlreiche Unterschiede bei den europäischen Zulassungen Fosfomycin-haltiger Arzneimittel. Denn sowohl in Bezug auf die Anwendungsgebiete als auch auf die Dosierungsempfehlungen gab es keine einheitlichen Angaben. Auf Antrag des BfArM hatte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) eine Neubewertung des Nutzen-Risikoprofils von Fosfomycin vorgenommen. Seit dem 9. Juni gelten nun EU-weite Regeln zum Einsatz des Epoxid-Antibiotikums.
Klinisch nicht mehr relevante Indikationen wurden gestrichen – darunter oto-, rhino- oder laryngologische Infektionen. Dafür wurden andere Indikationen medizinisch anders definiert oder zusammengefasst.Grundsätzlich soll Fosfomycin nur in Kombination mit anderen Antibiotika eingesetzt werden. Als Monotherapie soll das Antibiotikum nur im Ausnahmefall Anwendung finden. Häufige Kombinationspartner sind Meropenem und Levofloxacin.
Fosfomycin darf intravenös in allen Altersgruppen sowohl in der empirischen als auch in der gezielten Therapie bei den folgenden klinisch etablierten Indikationen eingesetzt werden:
Für die orale Anwendung ist Fosfomycin in Deutschland als Granulat für eine Einmalgabe mit 3 g von einigen Herstellern zugelassen (Monuril, Zambon). Diese Form der Anwendung bleibt unverändert: Sie wird weiterhin bei akuten unkomplizierten Harnwegsinfektionen durch Fosfomycin-empfindliche Erreger bei Mädchen ab dem zwölften Lebensjahr und Frauen eingesetzt. In anderen europäischen Ländern sind weitere Präparate am Markt, so gibt es beispielsweise in Spanien 500 mg-Tabletten und Präparate zur intramuskulären Injektion. Andere EU-Staaten vermarkten orales Granulat in einer 2g Dosierung auch für Kinder.
Aufgrund dessen, dass die Wahrscheinlichkeit von Resistenzbildungen bei Fosfomycin lange Zeit als gering eingestuft wurden, kam es in den letzten Jahren zu einer verstärkten Anwendung v bei Patienten mit eingeschränkten Behandlungsoptionen. Grund für die geringe Resistenzbildung sei der Wirkmechanismus: Fosfomycin greift bereits in die ersten Schritte der bakteriellen Zellwandsynthese ein. Nun zeigen sich dennoch Resistenzen. Im medizinischen Fachzeitschrift JAMA (Journal of the American Medical Association) veröffentlichten Wissenschaftler eine Studie in der gezeigt wurde, dass sich das Nichtansprechen von Fosfomycin zwischen 1997 und 2009 in Spanien von 4 Prozent auf 11 Prozent, der Einsatz von Fosfomycin wuchs in diesem Zeitraum um 340 Prozent.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus warnt, dass die stark gestiegene Verabreichung von Antibiotika zu zunehmenden Resistenzen führen wird. In Bezug auf Covid-19 könnte dies zu einer zunehmenden Anzahl von tödlich verlaufenden bakteriellen Infektionen nach der Pandemie führen, so Ghebreyesus. Nach Angaben der WHO braucht nur ein geringer Anteil Covid-Patienten Antibiotika, um bakterielle Begleitinfektionen der Erkrankung zu behandeln. Die Verabreichung von Antibiotika bei leichtem Krankheitsverlauf sei zu unterlassen.
Laut WHO stellen antimikrobielle Resistenzen eine der größten Bedrohungen der aktuellen Zeit dar. Weltweit sterben Schätzungen der Organisation nach 700.000 Menschen pro Jahr an medikamentenresistenten Infektionen, Tendenz steigend. Zur dieser zunehmenden Resistenzrate würde der unsachgemäße Gebrauch von Antibiotika immens beitragen. Ein weiteres Problem: Kaum ein Pharmaunternehmen forscht mehr an der Entwicklung neuer antibakterieller Arzneistoffe. Die Forschung sei kaum wirtschaftlich, entgegnen die forschenden Pharmaunternehmen.
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