Dass Grippeimpfstoffe in der Saison 2018/19 zur Mangelware werden, wollte zum Start der Impfsaison niemand so recht wahrhaben. Doch als immer mehr Ärzten und Apotheken die saisonale Vakzine fehlte und regionale Verteilungsprobleme Gewissheit brachten, rief Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im November den Versorgungsmangel aus. Und gab so den Startschuss für einen erleichterten Import. Aber auch über die Grenzen hinaus war und ist es schwer, noch Impfdosen zu ergattern. In den schlechten Zeiten hat Sanofi gute Nachrichten – der Impfstoffspezialist hat 79.000 Dosen Vaxigrip Tetra aufgetrieben.
„Die Nachfrage nach Grippeimpfstoff ist in der aktuellen Saison stärker als in den Jahren zuvor“, teilt eine Sprecherin mit. Sanofi hatte bereits im November gemeldet, alle für die Saison 2018/19 für den deutschen Markt produzierten Impfstoffe ausgeliefert zu haben. Sanofi war für die quadrivalente Vakzine in den Packungsgrößen ein Stück, zehn Stück und 20 Stück ohne Kanüle bereits Ende Oktober „out of stock“. Die Produktion für den deutschen Markt war längst abgeschlossen und die Produktion für die Südhalbkugel in vollem Gange.
Ab der fünften Kalenderwoche kann Sanofi voraussichtlich die zusätzlich generierten 79.000 Impfdosen Vaxigrip Tetra liefern. „Es handelt sich um Dosen in englisch-/spanischsprachigen Packmitteln. „Die Impfdosen können im Rahmen des durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) festgestellten Versorgungsengpasses in Deutschland in den Verkehr gebracht werden“, teilt Sanofi mit. Apotheken können die Vakzine dann über den Großhandel bestellen.
Sanofi hofft, dank der Bemühungen noch rechtzeitig einen Beitrag zur besseren Versorgung leisten zu können. „Die aktuelle Saison hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Ein ausreichender Grippeschutz kann mit der Impfung noch erzielt werden. Das gilt besonders für Patienten älter als 60 Jahre mit chronischen Grunderkrankungen“, schreibt der Konzern.
In der Kritik stand auch Mylan – der Konzern gehört zu den drei verbliebenen Lieferanten und hält seit einigen Jahren den größten Marktanteil. Mylan lässt in Holland produzieren. Den Ausruf des Versorgungsmangels sah Dr. Ralf Mayr-Stein, Policy & Market Access Director, als weitere Herausforderung: Als klar war, dass es in Deutschland einen Engpass geben kann, wurde bereits über die Umverteilung der Rohware innerhalb Europas entschieden. Dann wurde geprüft, welche Länder noch verfügbare Bestände haben, um Impfstoffe zu exportieren. Solche Situationen zeigten, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit der wesentlichen Akteure sei: „Wir arbeiten Hand in Hand mit Behörden, Apothekern, Ärzten und Kostenträgern, um die Versorgung der Patienten zu verbessern“, sagt Mayr-Stein.
Während die einen versuchen, dem Mangel entgegenzuwirken, rühren die anderen schon die Werbetrommel für die kommende Saison. Seqirus hatte am 19. Dezember die EU-Zulassung für Flucelvax tetra – den ersten zellkutur-basierten, tetravalenten Grippeimpfstoff erhalten – und bat Ende Dezember um Vorbestellungen. Nach den verhaltenen Bestellungen in der vergangenen Saison und dem Dilemma um den Impfstoff womöglich der richtige Weg. „Es scheinen doch mehr Regionen diesmal bemüht zu sein, sich frühzeitig Liefermengen zu sichern“, weiß ein Insider.
In dieser Saison war die quadrivalente Vakzine erstmals Kassenleistung, doch die Versorgung lief in einigen Regionen alles andere als reibungslos. Während einige Bundesländer ausreichend versorgt waren, hatte andere das Nachsehen. Ursachen gibt es viele, dennoch lässt sich nur spekulieren, was tatsächlich der Auslöser war. Das Verbot der Rabattverträge, das juristische Gezerre um den Apothekervertrag der AOK Nordost sowie lange unklare Preise haben für Zurückhaltung bei der Vorbestellung der saisonalen Grippeimpfstoffe gesorgt. Das Risiko, auf den Impfdosen sitzen zu bleiben, wollte schließlich niemand übernehmen. Dazu kam das Warten erst auf die Ständige Impfstoffkommission (STIKO), dann auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Als klar war, dass die quadrivalente Vakzine zum Leistungskatalog der Kassen gehört, blieb den Herstellern nur wenig Vorlauf für die Produktion.
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