Arzneimittelkontamination

Valsartan: Zwei Verunreinigungen in einer Tablette APOTHEKE ADHOC, 14.09.2018 13:15 Uhr

Berlin - 

N-Nitrosodiethylamin (NDEA) ist die zweite unerwartete Verunreinigung, die in Valsartan-haltigen Arzneimitteln nachgewiesen wurde. Laut Europäischer Arzneimittelagentur (EMA) war der krebserregende Stoff bereits vor der Umstellung des Herstellungsprozesses beim chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceuticals enthalten. Die US-Arzneimittelbehörde FDA konnte gar beide Verunreinigungen in vor wenigen Tagen zurückgerufenen Chargen identifizieren.

Am 23. August wurden in den USA unter anderem Valsartan-haltige Arzneimittel von Torrent Pharmaceuticals zurückgerufen. Neueste Produkttests der FDA zeigen nun die Anwesenheit einer zweiten Verunreinigung – NDEA. Für die Substanz ist die Kanzerogenität für Tiere bestätigt, für den Menschen wird laut FDA ein Krebsrisiko vermutet. Betroffen seien drei aktuell zurückgerufene Chargen von Torrent, deren aktive Substanz aus der Produktion von Zhejiang Huahai Pharmaceuticals stammt. Betroffen sind Tabletten zu 160 mg in einer Charge und 320 mg in zwei Chargen.

„FDA und EMA haben erfahren, dass Zhejiang Huahai Pharmaceuticals (ZHP) NDEA in mehreren Chargen der aktiven Substanz Valsartan nachgewiesen hat“, schreibt die US-Behörde. Man habe sofort begonnen, sowohl in den USA zurückgerufene, als auch im Umlauf befindliche Ware auf NDEA zu untersuchen.

Die Tests zeigen, „dass nicht alle Präparate, die unter Verwendung von Valsartan von ZHP hergestellt wurden, NDEA als Verunreinigung enthalten“. Die Untersuchungen würden fortgesetzt und alle Arzneimittel, in denen eine NDEA-Belastung nachgewiesen wird, zurückgerufen. Außerdem bewertet die FDA derzeit das potentielle toxikologische Risiko, das von der zweiten Verunreinigung ausgeht. Die Ergebnisse der Risikoanalyse sollen in den kommenden Tagen abgeschlossen sein und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

„Wie NDMA, das in den zurückgerufenen Valsartan-haltigen Arzneimitteln gefunden wurde, wird auch NDEA aus einer spezifischen Abfolge von Herstellungsschritten und chemischen Reaktionen gebildet“, schreibt die FDA. Die Behörde will eine vorläufige Methode zum Nachweis von NDEA veröffentlichen. „Hersteller und globale Regulierungsbehörden können diese Methode verwenden, um andere Produkte auf das mögliche Vorhandensein dieser Verunreinigung zu prüfen“, heißt es weiter.

FDA-Chef Scott Gottlieb stellt außerdem klar: „Wir unternehmen zudem Schritte, die sicherzustellen, dass wir strikte Kontrollen der Herstellungsprozesse durchführen, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass Verunreinigungen in anderen Produkte enthalten sein können.“

Die US-Behörde mahnt Patienten dennoch, die Arzneimittel nicht einfach abzusetzen und die Medikation so lange fortzusetzen, bis der Arzt oder Apotheker auf einen Ersatz oder eine andere Behandlungsoption ausweicht. „Zu diesem Zeitpunkt unterstützen die Tests der FDA die Schlussfolgerung, dass nicht alle Valsartan-haltigen Arzneimittel NDMA oder NDEA enthalten, sodass Apotheker in der Lage sind, ein Valsartan-haltiges Medikament, das nicht vom Rückruf betroffen ist, abzugeben, oder Ärzte verschreiben ein anderes Medikament.“

Für NDMA hat die FDA im Juli eine Einschätzung zum toxikologischen Risiko veröffentlicht, denn die Substanz wird als potenziell krebserregend eingestuft. Studien an Nagetieren liefern entsprechende Hinweise. Laut FDA wurden jedoch die Studien mit einer höheren NDMA-Konzentrationen durchgeführt als jene, die in den verunreinigten Arzneimitteln nachgewiesen wurden.

Eine Zufuhr von 96 Nanogramm pro Tag wird von der Behörde für den menschlichen Organismus als sicher angesehen. Schließlich sei NMDA in einigen Lebensmitteln enthalten. Nach Schätzungen wird der Verzehr von NDMA im Laufe des Lebens zu weniger als einer Krebserkrankung pro 100.000 Menschen führen. Als Vergleich: Jeder Dritte US-Amerikaner erkrankt im Laufe seines Lebens an Krebs.

Der als annehmbar eingestufte Wert werde jedoch von den zurückgerufenen Arzneimitteln überschritten. Die Behörde teilt mit, dass aufgrund von Aufzeichnungen der Hersteller die Verunreinigung bereits seit bis zu vier Jahren in den Arzneimitteln enthalten ist. Experten der FDA schätzen daher ausgehend von 8000 Patienten, die über einen Zeitraum von vier Jahren täglich mit 320 mg verunreinigtem Valsartan behandelt wurden, dass ein Patient zusätzlich an Krebs erkrankt. Mit dieser Einschätzung bestätigt die FDA den eingeleiteten Rückruf.

Auch bei der zweiten Verunreinigung NDEA handelt es sich um Nitrosamin-Derivat, dem alkylierende, kanzerogene und mutagene Eigenschaften zugesprochen werden. Enthalten ist NDEA in Tabakrauch. Eingesetzt wird die Substanz als Benzin- und Schmiermitteladditiv oder Antioxidans und Stabilisator für Industriematerialien. Die DNA-Integrität wird vermutlich durch Alkylierung beeinflusst. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat NDEA als Karzinogen der Gruppe 2 – möglicherweise für den Menschen krebserregend – eingestuft.