Krebs nurch NDMA-Verunreinigungen?

Valsartan-Prozess: Hersteller lehnen gütliche Einigung ab

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Berlin -

Könnten Blutdruckpatienten, die jahrelang verunreinigtes Valsartan erhalten haben, Schadenersatzansprüche zustehen? Vor dem Landgericht Konstanz wird dazu derzeit ein Musterverfahren geführt: Auf der einen Seite Rechtsanwalt Heiko Melcher, der eine an Nierenkrebs erkrankte und mittlerweile verstorbene Patientin vertritt, auf der anderen Seite die Anwälte der Hersteller 1A, Hexal und Mylan. Den Vorschlag einer gütlichen Einigung schlugen die Beteiligten schon am ersten Tag aus – stattdessen wird nun voraussichtlich ein medizinisches Gutachten Klarheit bringen müssen.

Über fünf Jahre hatte die mittlerweile Verstorbene die Tageshöchstdosis von 320 mg Valsartan der drei Hersteller eingenommen. Im Jahr 2018 erkrankte sie an Nierenkrebs und starb vergangenes Jahr daran im Alter von 80 Jahren. So viel ist bisher unstrittig. Gestritten wird nun vor Gericht um die Frage, ob das Valsartan für den Nierenkrebs verantwortlich war: Melcher sagt ja, die vier Rechtsanwälte der drei Hersteller argumentieren, dass die Erkrankung auch auf andere Faktoren zurückgeführt werden könne.

Entsprechend nahm die allgemeine gesundheitliche Situation der Patientin in den zehn Jahren vor ihrem Tod eine herausgehobene Stellung am ersten Verfahrenstag ein. Neben umfangreichen Behandlungsunterlagen, die Melcher einreichen musste, wurde zwei Töchter der Verstorbenen zu deren Lebensführung befragt – unter anderem zur Regelmäßigkeit der Medikamenteneinnahme sowie zu deren Alkohol- und Tabakkonsum. Aber auch sonstige andere Umstände wie Bluthochdruck, Übergewicht oder ihr schlichtes Alter wurden breit diskutiert. Ergebnis: Das Gericht machte deutlich, dass sowohl die Frage der Eignung von Valsartan für eine Krebsverursachung als auch die Frage, ob andere Umstände eine Ursache für das Nierenkarzinom gewesen sein können, sachverständig durch einen Gutachter geklärt werden müssen.

Noch nicht ganz geklärt ist allerdings die Frage, welchem Fachgebiet der Gutachter angehören soll: Das Gericht hatte angedeutet, es solle sich um einen Onkologen handeln. Melcher hingegen plädiert für einen Pharmazeuten oder Toxikologen. Auch diese Frage wird nach Aussage des Anwalts noch zu klären sein. Etwas mehr Klarheit wird am 23. Oktober erwartet: Für diesen Tag hat das Gericht einen Verkündungstermin anberaumt. Dann erwartet Melcher einen Beweisbeschluss und das Beweisthema sowie die Benennung des Sachverständigen.

Dass der Streit weiter vor Gericht ausgetragen wird, ist indes sicher: Das Gericht hatte die Frage einer möglichen gütlichen Einigung angesprochen, biss jedoch auf Granit. Die Herstelleranwälte lehnten eine Einigung ab, boten laut Darstellung Melchers nur einen geringen Betrag von rund 1000 Euro zur Prozessbeendigung an. Das Thema sei damit vom Tisch gewesen.

Es wird also per Gutachten zur klären sein, ob den Herstellern eine Mitschuld an der Erkrankung gegeben werden kann. Entscheidend könnte werden, wer was nachweisen muss. Melcher vertritt die Auffassung, dass die Unternehmen die Beweislast tragen, dass andere Umstände wie Konsumverhalten oder Vorerkrankungen ursächlich für die Krebserkrankung sind. Außerdem wirft er den Unternehmen ein grundlegendes Versagen vor: Die Produktion sei über einen Zeitraum von sechs Jahren nicht ausreichend überwacht worden. Die Firmen wiederum weisen das zurück: Die vorgeschriebenen Prüfungen und Qualitätskontrollen seien stets eingehalten worden und Verunreinigungen dabei nicht zu erkennen gewesen. Ein Organisationsverschulden liege deshalb nicht vor.

Wer was zu belegen hat, muss das Gericht entscheiden. „Einen reinen Kausalitätsbeweis können weder wir noch die Pharmaunternehmen erbringen. Deshalb ist es in dieser Frage entscheidend, wer die Beweislast und damit das Beweisrisiko trägt“, sagt Melcher. Sollte es zur Erstellung eines Gutachtens kommen, wird das dann aber entsprechend viel Zeit in Anspruch nehmen – zusätzlich zu den mehr als anderthalb Jahren, die die Einreichung der Klageschrift bereits her ist. „Ich bedauere sehr, dass das so lange dauert, weil ich viele andere Mandanten habe, die in dem Fall auf eine Entscheidung des Gerichts warten.“

 

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