Verunreinigter Blutdrucksenker

Valsartan-Betroffene reicht alte Pille ein

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Berlin -

Vergangene Woche konnten Patienten ihre Fragen zum verunreinigten Valsartan an Experten stellen. Die Veranstaltung in Nürnberg stieß bei den Betroffenen auf großes Interesse. Sandra Ehrenreich war auch vor Ort und wurde von den Reportern des ARD-Magazins „Fakt” interviewt: Die 45-Jährige ist zutiefst beunruhigt und hat Angst, aufgrund der jahrelangen Einnahme an Krebs zu erkranken.

Die Veranstaltung für Apotheker und Patienten zum Fall Valsartan wurde vom Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung (IBMP) in Zusammenarbeit mit der Paracelsus Medizinische Universität und dem Klinikum Nürnberg organisiert. Einer der Anwesenden war Ehrenreich, die sechs Jahre lang täglich den Blutdrucksenker geschluckt hatte. „Ich habe Angst, dass ich irgendwelche gesundheitliche Schäden davon tragen werde”, sagte sie in der gestrigen Sendung.

Sie monierte, dass es als Patient schwierig sei, wenn man keine richtige Anlaufstelle habe. Es gebe keine Informationen für Patienten, was es mit der Verunreinigung genau auf sich habe. Offizielle Daten? Fehlalarm. „Auch nach sechs Wochen ist noch immer nichts gemacht. Es gibt keine Listen, wo man das einsehen kann”, sagte sie. „Als Patient ist man ganz allein auf weiter Flur“. Auch Professor Dr. Fritz Sörgel, einer der Experten der Veranstaltung, kritisierte zuvor, dass im Sinne der Patienten zu wenig unternommen wurde – insbesondere seitens der Politik. So wäre es seiner Ansicht nach zu begrüßen gewesen, wenn auf Landesebene eine Patienten-Hotline eingerichtet würde. Seiner Ansicht nach ist die Situation für Patienten insgesamt unbefriedigend.

Da sie befürchtet, dass sie später einmal Tumore wegen der Verunreinigung bekommen könnte, hat ihr Arzt auf ihren Wunsch hin einen Ultraschall von Leber und Nieren gemacht. „Aktuell ist alles in Ordnung”, heißt es im Beitrag. Doch welche Risiken das verunreinigte Valsartan für die Gesundheit hat, ist noch unklar. Bundesweit waren allein 2017 schätzungsweise etwa 900.000 Patienten vom Valsartan-Skandal betroffen. Die Patienten erhofft sich, dass sie von den Krankenkassen in ein Programm aufgenommen wird, wo Betroffene halbjährlich untersucht werden.

Ehrenreich hat verständlicherweise großes Interesse daran zu wissen, wie stark ihre Valsartan-Tabletten verunreinigt sind. Sie hat eine alte Packung aufgehoben, vermutlich drei Jahre alt soll sie gewesen sein. Die Reporter haben die Tabletten im Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) testen lassen. Ergebnis der Analysen: Pro Tablette wurden 6 µg des potenziell kanzerogenen N-Nitrodimethylamin (NDMA) nachgewiesen. Laut Professor Dr. Mona Tawab vom ZL bewegt sich diese Menge eher in der unteren Hälfte. Im Rahmen der Valsartan-Rückrufwelle hatte das ZL vor rund einem Monat stichprobenartig zurückgerufene Ware verschiedener Hersteller auf NDMA untersucht und fand in verschiedenen Präparaten zwischen 3,7 und 22 µg NDMA pro Tablette.

Generische Wirkstoffe werden in Europa vom Europäischen Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM) in Straßburg zertifiziert – vorausgesetzt, es wurden keine Risiken oder Mängel festgestellt und die Substanz entspricht den Vorgaben des Europäischen Arzneibuchs. Das Direktorat fungiert als einzige Kontrollinstanz bei der Beurteilung der Qualität von Wirkstoffen. Ehrenreich ist verärgert, dass die Kontrollmechanismen sechs Jahre lang versagt haben. „Ich würde mir wünschen, dass sich die Politik überhaupt endlich einmal zu diesem Fall äußert”, sagt sie.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verwies kürzlich im Rahmen seiner Facebook-Sprechstunde zu Valsartan auf die dem BMG nachgeordnete Behörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die für die Arzneimittelkontrolle zuständig sei. Spahn habe die Experten gebeten, die Hintergründe des Valsartan-Skandals aufzuarbeiten. Erst nach der Aufarbeitung werde er Schlüsse ziehen und Maßnahmen ergreifen. Der Fall müsste „in Ruhe“ von Experten aufgearbeitet werden. „Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden wir Schlüsse daraus ziehen“, so Spahn.

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