Neue Wirtstiere, alte Impfempfehlung

Überarbeitete FSME-Leitlinie

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Berlin -

Neue Erkenntnisse und Empfehlungen im Bereich Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME): Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat die S1-Leitlinie vollständig überarbeitet. Im Fokus stehen Infektionsrisiko, Krankheitsverlauf und die Impfempfehlung in Risikogebieten.

Bisher war bekannt, dass die FSME vor allem durch Zecken übertragen wird – und zwar solche, die mit einem bestimmten Virus befallen sind. Dieses gelangt beim Biss der Zecke mit dem Speichel in die Blutbahn des Menschen. Im Körper breitet sich das Virus aus und kann zum Ausbruch von FSME führen. Nicht jeder Biss führt jedoch zu einer Infektion. In der neuen Leitlinie wird darauf hingewiesen, dass auch andere Wirtstiere für die Viren in Frage kommen: Kleintiernager wie Mäuse, aber auch Ziegen, Schafe und Rinder können als Wirt dienen. In seltenen Fällen kann es daher durch verunreinigte, nicht pasteurisierte Milch von Ziegen, Schafen oder Kühen zur Ansteckung kommen. Außerdem können die FSME-Erreger durch eine Organtransplantation von Mensch zu Mensch übertragen werden.

Eine Vielzahl der Erkrankten bleibt trotz Infektion beschwerdefrei. Kommt es jedoch zu Beschwerden, liegt diesen eine Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute zugrunde. Meist treten die Symptome in zwei Phasen auf: Zunächst zeigen sich grippeähnliche Beschwerden wie Kopf-und Gliederschmerzen, Fieber und ein allgemeines Krankheitsgefühl. Nach etwa einer Woche können dann Übelkeit, Erbrechen und Ausfälle des Nervensystems hinzukommen: Es können Lähmungserscheinungen, Schluck- und Sprechstörungen sowie Schläfrigkeit und Atemlähmungen auftreten.

Häufig bleiben die Lähmungen als Folgeschäden bestehen, auch Kopfschmerzen und eine geringere Belastbarkeit können zurückbleiben. In einigen Fällen verläuft die Infektion sogar tödlich. Besonders gefährdet sind Personen in den Risikogebieten. Die Leitlinie berichtet, dass sich die Bereiche, in denen es zu Infektionen gekommen ist, in den letzten Jahren ausgeweitet haben: So wurden beispielsweise 2019 erstmals auch Fälle in den Niederlanden gemeldet. Hierzulande gelten insbesondere Bayern und Baden-Württemberg als Risikogebiete.

 

Die FSME kann nicht medikamentös behandelt werden – daher wird die Schutzimpfung empfohlen, um sich vor einer Infektion zu schützen. Mittlerweile wird empfohlen, die Immunisierung bereits im Winter zu beginnen, damit die Grundimmunisierung bis zum Zeitpunkt des größten Infektionsrisikos abgeschlossen ist. Die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten der Impfung – vor allem in den Risikogebieten. Seitens der Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt es keine konkrete Empfehlung, ab welchem Alter Kleinkinder gegen FSME geimpft werden sollen. Die DGE empfiehlt jedoch, alle Personen nach Vollendung des ersten Lebensjahrs und vor Aufenthalt in Risikogebieten zu impfen. Die komplette Grundimmunisierung schützt zunächst für die Dauer von mindestens drei Jahren. Sie umfasst drei Teilimmunisierungen – die ersten beiden im Abstand von ein bis drei Monaten und die dritte neun bis zwölf Monate nach der zweiten Applikation. Nach drei Jahren sollte eine Auffrischimpfung erfolgen, falls das Ansteckungsrisiko weiter besteht. Danach sollte alle fünf Jahre geimpft werden – ab dem Alter von 50 Jahren wird empfohlen, alle drei Jahre aufzufrischen.

Einen weiteren Schutz vor Zecken bietet neben der Impfung nur die Vermeidung von Zeckenbissen. Beim Aufenthalt im Freien, vor allem an Sträuchern oder in hohem Gras, sollten geschlossene Schuhe und langärmlige Kleidung getragen werden. Für einen weiteren Schutz können die Strümpfe über die Hosenbeine gezogen werden. Helle Kleidung macht die Zecken besser sichtbar und erleichtert das Entfernen. Auch Repellentien können für eine bestimmte Zeit helfen, die Insekten abzuwehren. Für die Anwendung stehen verschiedene Darreichungsformen und Wirkstoffe zur Verfügung. Nach dem Aufenthalt im Freien sollte der Körper dennoch gründlich abgesucht werden. Wird eine Zecke entdeckt, muss diese möglichst schnell mithilfe einer speziellen Pinzette oder einem anderen dafür geeigneten Hilfsmittel entfernt werden.

Die Zahl der durch Zeckenbisse übertragenen FSME-Erkrankungen ist deutlich gestiegen: Die meisten Fälle bundesweit gibt es in Baden-Württemberg, gefolgt von Bayern. Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zeigten, dass die Zahl der Betroffenen den zweithöchsten Stand seit Beginn der Meldepflicht im Jahr 2001 erreicht hat: Demnach wurden 2018 in Baden-Württemberg 268 Patienten gezählt und damit 87 Betroffene mehr als 2017. Nur im Jahr 2006 hat es mit 281 Infizierten mehr Erkrankungen gegeben. Der Anstieg der FSME-Fälle ist unter anderem auf die Hitze zurückzuführen.

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