Um die Höhe der Behandlungkosten von Folgeerkrankungen zu beziffern, haben Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München (HZM) Daten von mehr als 300.000 Diabetes-Patienten untersucht. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachjournal „Diabetes Care“.
Diabetes mellitus ist dafür bekannt, viele Folgeerkrankungen nach sich zu ziehen. Schon im Vorstadium des Diabetes ist die Wahrscheinlichkeit dafür erhöht. Ein nicht oder nicht ausreichend therapierter Diabetes kann zu Neuro- , Retino- und Nephropathien, Arteriosklerose und darauf basierend Herzinfarkt sowie Schlaganfall führen, zum Teil werden bei Fußbeschwerden Amputationen erforderlich. Diese Komplikationen sind auch mit indirekten Kosten wie Produktivitätsverluste am Arbeitsplatz, Krankheitstage oder Erwerbsunfähigkeit verbunden.
Die Forscher des Instituts für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen (IGM) am HZM nutzten für ihre Studie Daten von bundesweiten gesetzlichen Krankenkassen aus den Jahren 2012 bis 2015. Insgesamt wurden die Informationen von 316.220 Menschen mit Typ-2-Diabetes zur Analyse herangezogen.
Berücksichtigt wurden Kosten für stationäre und ambulante Versorgung, Arzneimittel, Rehabilitation und nicht-medizinische Hilfsmittel und Geräte. Anhand dieser Datengrundlage konnten die Forscher die Kosten der Folgeerkrankungen detailliert ermitteln. „Wir wollten wissen, wie hoch die dadurch entstehenden Kosten sind, die von den Krankenkassen und somit von der Gesellschaft getragen werden“, beschreibt Erstautorin Katharina Kähm.
Die Autoren erstellen anhand der vorhandenen Daten eine Beispielrechnung für einen Mann zwischen 60 und 69 Jahren. In dem Quartal, in dem die entsprechende Folgeerkrankung eintritt, verursacht das in dem Fall bei einer Retinopathie rund 700 Euro, bei einem Diabetischen Fuß rund 1300 Euro, bei Erblinden etwa 3000 Euro, bei Nierenschäden rund 3400 Euro, bei einer Amputation rund 14.300 Euro und bei (dialysepflichtigem) Nierenversagen sogar rund 22.700 Euro.
„Zudem reichen die mittleren Kosten bei Herz- Kreislauferkrankung von 2700 für Angina pectoris bis 20.000 Euro für tödliche ischämische Komplikationen“, ergänzt Dr. Michael Laxy, Arbeitsgruppenleiter am IGM. Auch in den Quartalen nach erstmaligem Eintritt dieser Folgeerkrankungen blieben die Kosten erhöht.
Die Studienautoren kommen außerdem zu dem Ergebnis, dass Männer und Frauen verschiedener Altersgruppen sich in den Kosten der Folgeerkrankungen unterscheiden. Zudem sei das in einer derartigen Größe und in diesem Detaillierungsgrad die erste Studie. „Die Ergebnisse zeigen klinischen und gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern die erheblichen finanziellen Folgen von diabetesbedingten Komplikationen auf“, so Professor Dr. Rolf Holle. Die Studie könne die Planungen und Priorisierung neuer Präventions- und Behandlungsprogramme im Management von Typ-2-Diabetes unterstützen. Künftig wollen die Wissenschaftler untersuchen, welche ökonomischen Auswirkungen mehrere gleichzeitig bestehende Erkrankungen haben.
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