Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Dapagliflozin im Sommer eine Abfuhr erteilt und jeglichen Zusatznutzen abgesprochen hat, rehabilitiert der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) den Arzneistoff und empfiehlt eine Zulassungserweiterung.
Dapagliflozin – bekannt aus Forxiga (AstraZeneca) – ist für die einmal tägliche Einnahme zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes zugelassen. Der Wirkstoff wird als Monotherapie eingesetzt, wenn Metformin nicht vertragen wird und der Blutzucker mit Diät und Bewegung nicht ausreichend kontrolliert werden kann.
Der selektive und reversible Inhibitor des Natrium-Glucose-Cotransporters (SGLT-2) wird außerdem als Add-on-Kombinationstherapie mit anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln – einschließlich Insulin – eingesetzt, wenn der Blutzucker zusammen mit einer Diät und Bewegung nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Der CHMP empfiehlt nun die Zulassungserweiterung von Dapagliflozin als Add-on-Therapie für bestimmte Typ-1-Diabetiker. Die Empfehlung ist auf Daten von Phase-III-Studien zurückzuführen. Unter den Studienteilnehmern waren auch 548 Probanden mit Diabetes Typ-1. Den Ergebnissen zufolge biete eine Behandlung der Patienten den Vorteil, dass eine kombinierte Wirkung auf die Blutzuckerkontrolle, eine Gewichtsreduktion sowie positive Auswirkungen auf den Blutdruck und eine verringerte Variabilität der Glukosespiegel erreicht werden.
Der CHMP empfiehlt somit orales Dapagliflozin erstmals als Zusatztherapie zu Insulin für Typ-1-Diabteiker, vorausgesetzt die Patienten haben keinen Body-Mass-Index (BMI) unter 27 kg/m2 und Insulin allein kann trotz optimaler Einstellung keine ausreichende Kontrolle des Blutzuckerspiegels erreichen. SGLT-2-Hemmer bergen das Risiko für diabetische Ketoazidosen. Auch wenn nur seltene Fälle berichtet wurden, empfiehlt der CHMP aufgrund des bedenklichen Risikos, die Behandlung mit Dapagliflozin zu beschränken. So sollte eine Add-on-Therapie eben nur angesetzt werden, wenn die Typ-1-Diabetiker übergewichtig und adipös sind. Nicht empfohlen wird die Zusatztherapie bei Patienten mit niedrigem Insulinbedarf.
Während der Behandlung sind die Blutzuckerwerte fortlaufend zu überwachen und die Insulindosis gegebenenfalls anzupassen, um das Auftreten einer diabetischen Ketoazidose und einer Hypoglykämie zu verhindern. Zudem sollten die Patienten in der Lage sein, den Ketongehalt selbst zu messen und über die ersten Anzeichen einer Ketoazidose informiert sein.
Die Stellungnahme des CHMP wird nun der EU-Kommission übermittelt, die dann die endgültige Entscheidung über die Zulassungserweiterung treffen wird.
Dapagliflozin war der erste zugelassene Vertreter aus der Klasse der SGLT-2-Hemmer. Der Wirkmechanismus ist unabhängig von der Insulinausschüttung und -wirkung im Körper. Hierdurch wird überschüssige Glucose mit dem Urin ausgeschieden und es kommt zu einer Reduktion der Blutzuckerwerte. In klinischen Studien führte Dapagliflozin zudem zu einer Gewichtsreduktion und einer Blutdrucksenkung.
Bei Patienten, die an Diabetes Typ-1 erkrankt sind, greift das Immunsystem irrtümlicherweise die Insulin-produzierenden Betazellen im Pankreas an. Die Betroffenen benötigen daher eine lebenslange Insulintherapie. Doch nicht immer genügt die Gabe von Insulin allein, um die empfohlenen Blutzuckerspiegel zu erreichen und aufrechtzuerhalten.
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