Plusminus: Baclofen gegen Alkoholismus APOTHEKE ADHOC, 17.08.2016 14:35 Uhr
Etwa 1,8 Millionen Deutsche haben nach Daten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ein Alkoholproblem. Helfen könnte ihnen ein Wirkstoff, der in Frankreich bereits zur Behandlung von Alkoholsucht zugelassen ist: Baclofen. In Deutschland hat es für diese Indikation bisher keine Zulassung. Ein Beitrag der heutigen ARD-Sendung Plusminus ab 21.45 Uhr geht den Gründen nach.
Baclofen ist seit 40 Jahren als Wirkstoff gegen Multiple Sklerose zugelassen. Zugleich kann es auch Alkoholkranken helfen: Es nimmt Betroffenen den Suchtdruck und macht so Therapien erfolgreich.
Weil Baclofen in Deutschland jedoch nicht gegen Alkoholismus zugelassen ist, verschreiben nur wenige Ärzte den Wirkstoff auf eigenes Risiko. Weder Pharmaindustrie, Kranken- und Rentenversicherungen noch Politik scheinen Interesse zu haben, durch Forschungen die Zulassung des Medikaments für dieses Therapiefeld voranzutreiben, heißt es in der Ankündigung des Beitrags.
Dass Baclofen gegen Alkoholismus eingesetzt werden kann, hat der französische Kardiologe Dr. Olivier Ameisen an sich selbst getestet. Er hatte sich das Arzneimittel off-label für die eigene Alkoholabhängigkeit verordnet. Durch sein Buch über die Therapie gewann der Wirkstoff an Bekanntheit.
In Frankreich ist Baclofen bereits seit 2014 für die Suchttherapie zugelassen. Forscher der Berliner Charité zeigten in einer Studie an 22 Probanden, dass das Mittel gegen Alkoholsucht wirke. 15 der 22 Probanden seien unter der Dosierung bis zu 270 mg Baclofen am Tag abstinent geblieben. In einer Kontrollgruppe unter Placebo waren es fünf von 21. Entzugserscheinungen hätten die Patienten unter Baclofen nicht erlebt.
In Deutschland ist zur Behandlung von Alkoholsucht ein anderes Medikament auf dem Markt: Selincro (Nalmefen) des dänischen Herstellers Lundbeck ist indiziert zur Behandlung von Alkoholsucht. Das Arzneimittel kommt in Einheiten zu 14 und 49 Stück und ist voll erstattungsfähig.
Der Patient nimmt eine Tablette an Tagen, an denen er das Risiko verspürt, Alkohol zu trinken – idealerweise 1 bis 2 Stunden vor dem voraussichtlichen Zeitpunkt des Alkoholkonsums, ansonsten möglichst bald nach Beginn. Das Präparat verringert das Verlangen, Alkohol zu trinken.