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Plusminus: Der Streit um Ibrance Nadine Tröbitscher, 12.07.2017 13:38 Uhr

Berlin - 

In Deutschland leiden etwa 42.000 Frauen an metastasiertem Brustkrebs, der in der Regel nicht heilbar ist. Ziel sei es, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und für eine hohe Lebensqualität zu sorgen. Palbociclib galt dabei als CDK 4/6 Inhibitor als innovativer Arzneistoff. Im Mai verdichtete sich die dunkle Wolke – Ibrance wurde kein Zusatznutzen attestiert. Die ARD stellt heute Abend um 21.55 Uhr im Magazin Plusminus die Frage: „Neues Krebsmittel – Teuer, aber ohne Vorteile für Patientinnen?“

Ibrance wurde zunächst „als Meilenstein in der Behandlung von fortgeschrittenem Brustkrebs gefeiert“, so die Reporter. Viele Patientinnen hatten neue Hoffnung. Hersteller Pfizer wurden „Millionenumsätze beschert“. Doch nun gebe es Zweifel am Zusatznutzen des Präparats, dessen Jahresration rund 66.000 Euro kostet. Für Hersteller Pfizer gehe es um viel – vor allem um viel Geld, so der Beitrag. Deshalb tobe nun seit Wochen ein erbitterter Streit, „in den auch die Patientinnen hineingezogen werden“. Die zweckmäßige Vergleichstherapien mit beispielsweise Letrozol, Anastrozol, Fulvestrant, Exemestan oder Tamoxifen kosteten hingegen nur einen Bruchteil.

Im November kam mit Ibrance der erste Vertreter einer neuen Medikamentenklasse gegen Brustkrebs auf den Markt. Klinische Studien ließen auf einen Therapiefortschritt schließen, dennoch sah der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) keinen Vorteil gegenüber der Vergleichstherapie und sprach dem Arzneimittel keinen Zusatznutzen zu. Der Beschluss ist bis Oktober 2018 befristet – Pfizer kann neue Studien nachliefern.

Bei Pfizer konnte man die Entscheidung nicht nachvollziehen: „Der G-BA-Beschluss spiegelt die Behandlungsrealität deutscher Brustkrebspatientinnen nicht wider“, schrieb das Unternehmen. Den Negativbeschluss sieht man „maßgeblich in Schwächen des Beurteilungsprozesses begründet“. Studien würden die Wirkweise und die Verlängerung der Lebenszeit belegen: „Klinische Studien zeigen, dass Palbociclib im Durchschnitt die Zeitspanne ohne Krebswachstum verdoppeln beziehungsweise um mehr als zehn Monate verlängern kann.“

„Daten zur Lebensqualität beziehungsweise zur Symptomatik der Krebserkrankung konnten in den bisherigen Studienergebnissen insgesamt keine Vorteile für Ibrance zeigen”, schrieb der G-BA.

Palbociclib ist für die Behandlung von Frauen mit Hormonrezeptor (HR)-positivem, humanem epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (HER2)-negativem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom in Kombination mit einem Aromatasehemmer sowie in Kombination mit Fulvestrant bei Frauen, die zuvor eine endokrine Therapie erhalten haben, zugelassen. Die Zulassung schließt prä- oder perimenopausalen Frauen mit ein, deren endokrine Therapie mit einem LHRH Agonisten Luteinizing Hormone Releasing Hormone (LHRH) kombiniert werden sollte.

HR positiv bedeutet, dass der Tumor Rezeptoren für Hormone wie Östrogen und Progesteron trägt, die das Wachstum der Krebszellen beschleunigen.

Mit dem Urteil durch den G-BA hat Pfizer in den Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband eine schlechtere Ausgangssituation. In den ersten zwölf Monaten konnte der Hersteller den Preis für Ibrance selbst festsetzen, hat der G-BA über einen Zusatznutzen entschieden, muss verhandelt werden. Erst im April war die Negativ-Bewertung das Aus für Trobalt (Retigabin, GSK) – es folgte die weltweite Marktrücknahme.