Flüchtlinge infizieren sich unterwegs dpa, 21.03.2016 14:33 Uhr
Strapazen und drangvolle Enge: Manche Flüchtlinge infizieren sich nach Angaben von Wissenschaftlern erst auf der Flucht mit Tuberkulose. Ein Teil der Migranten stammte zwar aus Ländern, in denen die Krankheit weit verbreitet sei und könnte sich schon dort angesteckt haben, teilte die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) am Montag in Würzburg mit. Doch Gentests der Erreger zeigten, dass sich viele Menschen erst auf der langen und kräftezehrenden Reise sowie in der Enge der Flüchtlingslager infizierten.
Je nach Region unterschieden sich die Bakterien in ihrem genetischen Fingerabdruck, sagte ein DAHW-Sprecher. Daher könnten die Forscher erkennen, wo sich die Menschen angesteckt haben. Das Immunsystem der Flüchtlinge sei durch die anstrengende Flucht meist angeschlagen. „Und bei so vielen Menschen auf einem Raum ist eine Infektion dann kein Wunder.“ Die Flüchtlinge seien daher „nicht nur Opfer der Krankheit, sondern auch der unerträglichen Umstände auf ihrer Flucht“, sagte DAHW-Geschäftsführer Burkard Kömm.
Tuberkulose ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien ausgelöst wird und meist die Lunge befällt. Die Zahl der Tuberkulosefälle in Deutschland ist im vergangenen Jahr um rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 5865 Fälle gestiegen. Ein Grund ist unter anderen die große Zahl von Flüchtlingen. Bei ihrer Aufnahme in Unterkünfte müssen viele zur Pflichtuntersuchung – und dabei wurden zahlreiche Fälle gefunden. Trotz des Anstiegs bleibt Tuberkulose in Deutschland eine sehr seltene Krankheit.
In der Regel wird die Krankheit von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen. Das Ansteckungsrisiko nach einmaligem kurzem Kontakt ist sehr gering; Voraussetzung für die Übertragung ist längerer Kontakt mit Erkrankten. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) erfolgt eine Ansteckung deutlich seltener als bei anderen über die Luft übertragbaren Krankheiten.