BAH-Umfrage

Triptane: Jeder Zweite will OTC-Switch

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Berlin -

Nahezu jeder zweite Bundesbürger (46 Prozent) wäre froh, wenn es mehr rezeptfreie Arzneimittel gegen Migräne gäbe. Von den Betroffenen sind es sogar 65 Prozent. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH).

Insgesamt hatten laut Umfrage mehr als vier von zehn Bundesbürgern nach eigenen Angaben schon eine oder mehrere Migräne-Attacken. Besonders stark betroffen sind mit 54 beziehungsweise 52 Prozent die Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen sowie Menschen in Haushalten mit drei oder vier Personen.

Frauen sind eher von Migräne betroffen als Männer: So gab jede zweite Frau, aber nur jeder dritte Mann an, schon eine Migräneattacke gehabt zu haben. Und unter den Betroffenen haben deutlich mehr Frauen (47 Prozent) als Männer (29 Prozent) Attacken, die einen Tag oder länger anhalten.

Etwa die Hälfte der Personen, die üblicherweise ein Arzneimittel gegen Migräne einnimmt, greift heute zu einem rezeptpflichtigen Präparat, vier von zehn zu einem rezeptfreien. Von den 30- bis 49-jährigen Betroffenen nehmen 77 Prozent Arzneimittel gegen ihre Migräne.

„Das Mittel der Wahl bei mittleren bis schweren Migräne-Attacken sind Triptane. Weltweit sind fünf Triptane in der Apotheke ohne Rezept erhältlich. In Deutschland gibt es davon nur zwei rezeptfrei“, sagt Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH. Ende Juni hatte der Sachverständigenausschuss der Entlassung von Sumatriptan aus der Verschreibungspflicht zugestimmt; nun muss das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Verordnung vorlegen.

Kroth erklärt, warum ein Switch die Versorgung der Betroffenen verbessern kann: „Lebt eine 30- bis 49-jährige Mutter mit ihren Kindern in einem Haushalt, ist sie unter Umständen einer Mehrfachbelastung, nämlich Beruf und Erziehung, ausgesetzt. Da fehlt dann oft einfach die Zeit, auch noch auf einen Arzttermin zu warten, wenn sich eine Migräneattacke ankündigt. Dass sich so viele Menschen mehr rezeptfreie Arzneimittel gegen Migräne wünschen, wundert mich nicht. Es zeigt auch deutlich das Bedürfnis, selbstbestimmter mit der Erkrankung umzugehen.“ Für Fragen zur Anwendung und darüber hinaus stehe jederzeit der Apotheker zur Verfügung, so Kroth. „Insofern spricht nichts dagegen, diesem Wunsch nachzukommen. Zumal, wenn man bedenkt, dass es sich dabei um lange eingeführte, bewährte und sichere Arzneimittel handelt.“

Beantragt wurde der Switch für Sumatriptan in der Dosierung à 50 mg zur oralen Anwendung. Bereits 2012 hatte der Sachverständigenausschuss eine entsprechende Empfehlung abgegeben, damals ging es ebenfalls um Stärke 50 mg und maximal 100 mg je Packung. Außerdem sollten Sumatriptan als Nasenspray in der Dosierung 20 mg und einer Gesamtmenge von 40 mg je Packung und Zolmitriptan „in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung“ in der Konzentration 2,5 mg mit höchstens zwei Tabletten pro Packung in die Sichtwahl entlassen werden.

Damals lehnte der Bundesrat einen entsprechenden Verordnungsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ab. Hintergrund waren die geplanten Vorgaben: Apotheker sollten prüfen, dass die Anwender zwischen 18 und 65 Jahren alt sind und ein Arzt die Migräne diagnostiziert hat. Außerdem hätten sie den Patienten erklären müssen, in welchen Fällen sie einen Arzt aufsuchen müssen und dass die zeitgleiche Einnahme oraler Kontrazeptiva das Schlaganfallrisiko erhöht.

Der Gesundheitsausschuss der Länderkammer kritisierte, dass im Haftungsfall der Apotheker belegen müsse, dass er sich vergewissert habe, dass die Anwendung des Triptans unter ärztlicher Beobachtung erfolge. Dafür sei die Kontaktaufnahme mit dem Arzt verpflichtend. Diese sei aber nicht möglich, da keine Verordnung vorliege, aus der der Arzt und seine Kontaktdaten ersichtlich wäre. Auflagen sind diesmal nicht vorgesehen, weil es mittlerweile genügend Markterfahrungen gibt. Allerdings gelten die Altersbeschränkungen aus der Zulassung weiter.

Naratriptan und Almotriptan sind seit 2006 beziehungsweise 2009 rezeptfrei. Sumatriptan und Zolmitriptan sowie Rizatriptan, Frovatriptan und Eletriptan sind verschreibungspflichtig. Bei Naratriptan gibt es neben Formigran (GSK) zahlreiche Generika, genauso wie bei Zolmitriptan (Ascotop, Grünenthal) und Rizatriptan (Maxalt, MSD). Bei Eletriptan gibt es neben dem Original Relpax von Pfizer nur ein Generikum von Bluefish; mit Allegro ist Berlin-Chemie bei Frovatriptan der einzige Anbieter.

Migräne gilt nach dem Spannungskopfschmerz und vor dem Clusterkopfschmerz als zweithäufigste Kopfschmerzart. Typisch ist ein in Attacken auftretender, starker, meist einseitiger pochender Schmerz. Angekündigt oder begleitet wird eine Migräneattacke manchmal von einer sogenannten „Aura“, also von Seh- und Wahrnehmungsstörungen. Weitere Symptome können Übelkeit oder Lichtempfindlichkeit sein. Migräne ist chronisch und nicht heilbar, nur eine Linderung ist möglich. Laut der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) gilt bei Migräne eine genetische Veranlagung als gesichert. Oft bedarf es meist belastender Ereignisse, wie Stress oder Schlafmangel, um eine Attacke auszulösen.

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