Neue Risiken

Tenuate: Abnehmen auf Kosten von Herz und Lunge

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Berlin -

Rx-Präparate zum Abnehmen stehen immer wieder in der Kritik. Auch das Amfepramon-haltige Präparat Tenuate (Kyberg). Mit der Einnahme steigt das Risiko kardiale Nebenwirkungen und pulmonale Hypertonie. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat eine Überprüfung Amfepramon-haltiger Arzneimittel eingeleitet.

Tenuate (Amfepramon, Kyberg) wird zum Abnehmen bei Personen mit einem BMI über 30 angewendet. Der Appetitzügler gehört der Gruppe der Alpha-Sympathomimetika an. Der Arzneistoff regt den Hypothalamus an. Durch Blockierung der Alpha-Rezeptoren im ZNS kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung von Dopamin und Noradrenalin, dadurch soll ein appetitmindernder Effekt eintreten. Die Mittel dürfen nicht länger als drei Monate eingenommen werden.

Pulmonale arterielle Hypertonie als gefährliche Nebenwirkung

Die EMA hatte die Überprüfung von Amfepramon-haltigen Präparate im vergangenen Jahr aufgenommen. Die Tabletten sind nur noch in drei europäischen Ländern zugelassen: Deutschland, Dänemark und Rumänien. Die letzte Überprüfung des Wirkstoffes fand 1996 statt. Insbesondere das Risiko für kardiale Nebenwirkungen und pulmonale Hypertonie soll überprüft werden. Die Fachinformation listet pulmonale Hypertonie, schwere arterielle Hypertonie, Gefäßerkrankungen des Herzkreislaufsystems oder des Gehirns und eine Neigung zu Arzneimittelabusus als Kontraindikationen auf.

Pulmonale Hypertonie ist ein Sammelbegriff für mehrere Erkrankungen. Allen gemeinsam ist, dass es zu einer Erhöhung des Gefäßwiderstandes in der Lunge und somit zur lokalen Hypertonie kommt. Oft tritt die Erkrankung als Folge von COPD, Lungenfibrose, Sarkoidose oder chronischen Thromboembolien auf. Zu den Symptomen gehören Dyspnoe, Müdigkeit, periphere Ödeme, Angina pectoris, das Raynaud-Syndrom (blasse Finger) und Husten.

Das Nebenwirkungsprofil der Tabletten ist durchwachsen. Zu den s häufigen Nebenwirkungen gehört Mundtrockenheit. Gelegentlich kommt es zu gastrointestinalen Beschwerden, Kopfschmerzen, Spannungsgefühlen, Verwirrtheit und Reizbarkeit. Patient:innen berichten auch von psychischen Reaktionen. Am häufigsten wurde über Psychosen, Depressionen, Nervosität, Unruhe, Schlafstörungen und Schwindelgefühle berichtet. Ebenfalls auftreten können kardiale Ereignisse wie Tachykardie, Herzklopfen, Hypertonie und präkardiale Schmerzen.

Das Portfolio an zugelassenen Rx-Abnehmmitteln in Deutschland ist begrenzt. Folgende Präparate können verordnet werden:

  • Tenuate (Amfepramon hydrochlorid, Kyberg): synthetische chemische Verbindung aus der Gruppe der Phenethylamine, Amphetaminderivat
  • Regenon (Amfepramon hydrochlorid, Temmler): Sympathomimetikum mit Adrenalin-ähnlicher Wirkung
  • Alvalin (Cathin, Riemser) Vertrieb im vergangenen Jahr eingestellt, BfArM hat die Zulassung aufgrund eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnises nicht verlängert.
  • Saxenda (Liraglutid, Novo Nordisk), GLP-1-Rezeptoragonist der eigentlich bei Diabetes (Victoza, Novo Nordisk) eingesetzt wird. Das Hungergefühl im Gehirn unterdrückt und die Magenentleerung verlangsamt, das Sättigungsgefühl bleibt länger bestehen.
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