Enttäuscht zeigte sich Roche angesichts der klinischen Daten einer Phase-III-Studie zum Einsatz von Tecentriq (Atezolizumab) bei fortgeschrittenem Blasenkrebs. Das Mittel konnte den primären Endpunkt nicht erreichen. Der Konzern bleibt zuversichtlich.
Tecentriq wurde im vergangenen Jahr von der US-Arzneimittelbehörde FDA im beschleunigten Verfahren als Zweitlinientherapie zugelassen. Das Arzneimittel ist in den USA zugelassen zur Behandlung von Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs sowie Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom (mUC), deren Erkrankung während oder innerhalb von zwölf Monaten nach einer platinbasierten Chemotherapie fortgeschritten war.
Grundlage für die FDA-Entscheidung waren Daten einer Phase-II-Studie. Roche erhielt die Zulassungen daher nur unter Vorbehalt und musste weitere Ergebnisse aus klinischen Studien nachreichen. Die nun abgeschlossene Phase-III-Studie IMvigor211 lieferte jedoch ein enttäuschendes Ergebnis. Inhalt der Studie war die Behandlung von Patienten mit einer bestimmten Form von lokal fortgeschrittenem oder mUC, bei denen die Krankheit während oder nach der Behandlung mit einer Platin-basierten Chemotherapie fortgeschritten war
Die Patienten, die mit Tecentriq behandelt wurden, hatten jedoch keinen Vorteil bezüglich des Gesamtüberlebens gegenüber Probanden, die eine Chemotherapie erhielten. Somit wurde der primäre Endpunkt der Studie nicht erreicht. Die Daten würden weiter untersucht, um die Ergebnisse besser zu verstehen. Das gelte auch für die anfängliche Beobachtung, dass die Ergebnisse in der Vergleichsgruppe besser gewesen seien als die Annahmen aus dem Studienentwurf, hieß es. Vollständige Daten will Roche im Laufe des Jahres präsentieren.
„Auch wenn diese Ergebnisse nicht das sind, was wir erwartet hatten, glauben wir, dass Tecentriq weiterhin eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Menschen mit fortgeschrittenem Blasenkrebs spielen wird“, sagte Dr. Sandra Horning, Chefärztin und Leiterin der globalen Produktentwicklung. „Wir sind verpflichtet, Menschen mit fortgeschrittenem Blasenkrebs zu helfen und diese Daten mit Gesundheitsbehörden zu diskutieren.“ Die FDA hatte Tecentriq im Januar zur Erstlinienbehandlung von mUC-Patienten, die für eine Cisplatin-Chemotherapie ungeeignet sind, ein beschleunigtes Zulassungsverfahren zugesprochen. Die Phase-III-Studie- IMvigor130 ist noch nicht abgeschlossen.
Atezolizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der zielgerichtet an das Protein programmierter Zelltod-Ligand 1 (PD-L1) bindet, das auf Tumorzellen und tumorinfiltrierenden Immunzellen exprimiert wird. PD-L1 interagiert mit zwei Proteinen auf der Oberfläche von T-Zellen – und hemmt die Immunzellen. Durch die Blockade dieser Wechselwirkung durch den Arzneistoff werden die T-Zellen wahrscheinlich aktiviert und ihre Fähigkeit zur Erkennung und Bekämpfung von Tumorzellen wiederhergestellt. Die Immuntherapie gilt als zukunftsweisende Behandlungsmöglichkeit in der Onkologie.
Tecentriq ist bisher nur in den USA zugelassen, Anträge bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) wurden im vergangenen Jahr bereits gestellt. Für Tecentriq besteht ein umfangreiches Programm zur Entwicklung von klinischen Studien. 17 Phase-III-Studien zur Behandlung verschiedener Tumore, wie Lungen-, Nieren-, Haut-, Brust- oder Prostatakrebs, in Mono- oder Kombinationstherapie laufen derzeit oder sind geplant.
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