Die Therapie von komplizierten Harnwegsinfekten kann schwierig sein: Denn mittlerweile gibt es zahlreiche Resistenzen gegenüber den gängigen Antibiotika – oft hilft nur eine Behandlung im Krankenhaus. Mit Tebipenem könnte künftig ein neuer Wirkstoff und der orale erste Vertreter einer relativ unbekannten Antibiotika-Gruppe zur Verfügung stehen. In der Phase-III-Testung konnte der Wirkstoff überzeugen.
Kommt es zu komplizierten Infektionen der Harnwege, müssen diese häufig mit intravenösen Carbapenemen behandelt werden. Viele andere Wirkstoffe haben ihre Wirksamkeit bereits verloren, da die Erreger resistent geworden sind. Für die intravenöse Gabe ist jedoch eine Hospitalisierung notwendig.
Harnwegsinfekte werden als kompliziert angesehen, wenn funktionelle oder anatomische Anomalien, Störungen der Nierenfunktion oder Begleiterkrankungen vorliegen und das Risiko für einen schweren Verlauf erhöhen.
Die Therapie mit oralen Carbapenemen könnte daher eine wertvolle Option sein. Aktuell befindet sich mit Tebipenem der erste Vertreter in der klinischen Testung. In der Phase-III-Studie konnte das Antibiotikum gute Ergebnisse erzielen und ähnlich gut helfen wie intravenöses Ertapenem. Die Ergebnisse wurden im „New England Journal of Medicine“ (NEJM) vorgestellt.
Bei dem neuen oralen Antibiotikum des US-Herstellers Spero handelt es sich um den Wirkstoff Tebipenem Pivoxil-Hydrobromid. Er ist ein Prodrug, das im Körper durch Enterozyten in den Wirkstoff Tebipenem umgewandelt wird. Die Substanz verfügt über ein breites Wirkspektrum gegen multiresistente gramnegative Bakterien – darunter auch solche, die gegen Fluorchinolone resistent sind.
Der Wirkstoff wurde im Zuge der Phase-III-Studie in 95 Zentren in Mittel- und Osteuropa getestet. Insgesamt wurden knapp 1400 Patient:innen eingeschlossen, bei denen eine komplizierte Harnwegsinfektion oder eine akute Pyelonephritis diagnostiziert wurde. In der Studie wurden sie entweder auf 600 mg Tebipenem oral alle acht Stunden oder 1 g Ertapenem alle 24 Stunden intravenös randomisiert. Die Behandlungsdauer betrug sieben bis zehn Tage – bei einer Bakteriämie bis zu 14 Tage.
Als primärer Endpunkt diente an Tag 19 eine Kombination aus der „klinischen Heilung“ – definiert als Rückgang oder komplettes Verschwinden der Symptome – und einem „mikrobiologischen Ansprechen“ – definiert als Reduktion der Erreger auf unter 103 Kolonie-bildende Einheiten oder eine Negativierung der Blutkultur.
Die Studienergebnisse könnten eine Zulassung von Tebipenem vorantreiben. In den USA wird die Entscheidung der Arzneimittelbehörde FDA Ende Juni erwartet. Auch in Europa könnte bereits im Sommer eine Entscheidung fallen. Damit würde erstmals ein oraler Vertreter aus der Gruppe der Carbapeneme zur Verfügung stehen.
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