Antazida

Talcid schützt vor Diclofenac

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Berlin -

Hydrotalcid schützt laut einer aktuellen Studie die Magenschleimhautzellen vor den typischen vom Schmerzmittel Diclofenac verursachten Schäden. Zu dem Ergebnis kam eine In-vitro-Studie der University of California von Professor Dr. Andrzej Tarnawski. Die Ergebnisse könnten für eine therapeutische Anwendung von Hydrotalcid als Alternative zu Protonenpumpenhemmern sprechen.

Für die Schmerztherapie kommen nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac zum Einsatz. Patienten können während der Therapie gastrointestinale Nebenwirkungen wie Sodbrennen und Reizungen der Magenschleimhäute verspüren. Auf dem Gastroenterologen-Kongress „Digestive Disease Week in San Diego“ stellte Tarnawski seine Studienergebnisse vor, die den Schutz der Magenschleimhautzellen durch Hydrotalcid belegen.

Die Arbeitsgruppe um Tarnawski beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit der Grundlagenforschung zu Hydrotalcid und führt In-vitro-Studien durch. Für den Versuchsaufbau wurden Magenschleimhautzellen von Ratten für ein bis vier Stunden mit Hydrotalcid inkubiert und anschließend ein bis vier Stunden einer Diclofenac-Natrium-Lösung ausgesetzt. Die Kontrolle erfolgte über eine Inkubation von Magenschleimhautzellen in einer Nährlösung.

Das Ergebnis zeigte eine 5,7-fach höhere Überlebensrate der mit Hydrotalcid inkubierten Zellen. Die Forscher fanden heraus, dass die protektive Wirkung auf die Aktivierung von schleimhautschützendem Prostaglandin E2 (PGE2) in Magen- und Schleimhautzellen zurückzuführen ist. Die PGE2-Synthese wird durch die Expression des Enzyms Cyclooxigenase-2 (COX-2) in der Magenschleimhaut gesteigert.

Hydrotalcid bildet ein Schichtgitter aus Magnesium- und Aluminumhydroxid-Ionen, Carbonat-Ionen und Wasser. Der Wirkstoff neutralisiert die Magensäure, bindet Pepsin und Gallensäure und lindert so säurebedingte Beschwerden. Ebenso regt der Wirkstoff die Bildung epidermaler Wachstumsfaktoren (EGF) an, dies führt zu einer erhöhten Zellproliferation und Reepithelisierung; Läsionen und Magengeschwüre heilen schneller ab.

Die Forschungsgruppe konnte ebenfalls eine Anregung der Bildung von mukosaprotektiven Substanzen wie Survin und Insulin-like-growth-Factor-1 (IGF-1) und seines Rezeptors (IGFR-1β) feststellen. Die Stoffe lassen Magen- und Speiseröhrenschleimhäute widerstandsfähiger gegenüber NSAR, Alkohol und Säuren werden. Hydrotalcid steigert die Ausschüttung von Survin um 47 Prozent, von IGF-1 um 72 Prozent und von IGFR-1β um 57 Prozent. Zuvor konnte eine In-vivo-Studie an Ratten die zellschützenden Eigenschaften des Wirkstoffes belegen.

„Hydrotalcit wirkt sowohl den systemischen als auch den lokalen Magenschleimhaut schädigenden Nebenwirkungen von Diclofenac entgegen“, so Tarnawski. Von den zellschützenden Eigenschaften des Wirkstoffs Hydrotalcit könnten vor allem Patienten profitieren, die aufgrund chronisch schmerzhafter Erkrankungen auf die regelmäßige Einnahme von NSAR wie Diclofenac angewiesen sind.

Hydrotalcid blickt auf eine lange Geschichte zurück, bereits seit 1842 ist der Wirkstoff bekannt und wurde als natürliches Mineral zur Behandlung von Magenbeschwerden eingesetzt. Industriell konnte das Schichtgitter nur schwer nachgefertigt werden. Japanischen Wissenschaftlern gelang es 1972, Hydrotalcid synthetisch nachzubauen. Bayer brachte das Antazidum schließlich 1977 unter dem Namen Talcid auf den Markt. Das Medikament ist als Kautablette und Suspension gegen akut auftretendes Sodbrennen rezeptfrei erhältlich.

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