Erneute Nutzenbewertung bestanden: Das Lungenkrebsmedikament Tagrisso ist ab November nach fast einem Jahr wieder zurück. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat dem Arzneimittel in einer weiteren Nutzenbewertung einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen zugesprochen.
Tagrisso (Osimertinib, AstraZeneca) war Ende November vom deutschen Markt verschwunden. Der G-BA hatte dem Arzneimittel im ersten Anlauf keinen Zusatznutzen zugesprochen. AstraZeneca sah die Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband als gescheitert und zog Tagrisso zurück. Die Zulassung blieb unberührt und so konnten Patienten dank eines Einzelimports durch eine Apotheke nach § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) versorgt werden. Dabei kam es jedoch zu Problemen im Erstattungspreis.
Der G-BA räumte dem Hersteller eine Frist bis Ende Juni ein, aussagekräftigere Daten bezüglich Gesamtüberleben, gesundheitsbezogener Lebensqualität, Nebenwirkungen und Morbidität nachzureichen. Die zuvor vorgelegten Daten sahen die Experten als ungeeignet an. AstraZeneca konnte bereits am 28. April das Dossier zur Nutzenbewertung vorlegen und lieferte Ergebnisse einer direkten Vergleichsstudie von Osimertinib zu einer Platin-basierten Chemotherapie. Daten aus der randomisierten Phase-III-Studie Aura3 waren entscheidend für das Urteil des G-BA.
Gegenüber der Vergleichstherapie Cisplatin plus Permetrexed oder Carboplatin plus Permetrexed zeigte die Therapie mit Tagrisso bezogen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität ausschließlich vorteilhafte Effekte. Zudem zeigte Aura3 eine deutliche Verringerung von schwerwiegenden und schweren unerwünschten Ereignissen.
Osimertinib wurde speziell für eine Patientengruppe entwickelt, die unter einer Tumormutation leidet, die zu Resistenzen führt. Der Wirkstoff gehört zu den Kinasehemmern und bindet selektiv an die mutierte Variante von EGFR. Die Tabletten werden einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Osimertinib ist zur Behandlung von Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem und metastasierten, nicht-kleinzelligem-Lungenkarzinom (NSCLC) und einer positiven T790M-Mutation des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) zugelassen.
Der Anhaltspunkt auf einen beträchtlichen Zusatznutzen bezieht sich unter anderem auf die Endpunkte Fatigue, Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit und körperliche Funktion. Zu Vergleichstherapie zeigen sich signifikante Unterschiede, so der G-BA. Die Bewertung bezieht sich auf die Teilpopulation der Patienten, die mit einem EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor vorbehandelt wurden und für die eine zytotoxische Chemotherapie in Frage kommt. Aura3 zeige, dass Tagrisso als „neuen Behandlungsstandard in der Zweitlinientherapie von Patienten mit NSCLC mit T790M-mutationspositivem EFGR“, schreibt AstraZeneca.
Mit der Positivbewertung geht AstraZeneca gestärkt in die Preisverhandlung mit dem GKV-Spitzenverband. In den kommenden Monaten soll sich auf einen Erstattungspreis geeinigt werden.
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