Generika

Tadalafil: Potenzpille wartet auf Malta

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Berlin -

Seit Monaten haben sich die Generikahersteller auf den Patentablauf von Tadalafil vorbereitet. Auf Malta wartet die fertig verpackte Ware, am 15. November* sollen die ersten Paletten ein- und die Außendienstler ausfliegen. Jetzt hat das Bundespatentgericht den Weg endgültig frei gemacht.

Tadalafil ist nicht der größte Patentablauf des Jahres, aber der spannendste. Denn auch wenn Sildenafil – dank Viagra – in der breiten Öffentlichkeit bekannter ist, halten viele Beobachter in der Branche Tadalafil für einen potenziellen „Megaseller“.

„Das wird einschlagen wie eine Bombe“, sagt ein Insider. Er sieht das Potenzial, dass der jüngere Wirkstoff nach Patentablauf den Klassiker ablösen wird. Denn anders als Sildenafil hat Tadalafil eine längere Halbwertszeit und muss damit nicht innerhalb einer halben Stunde vor dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Unter Anwendern gilt Cialis als Potenzpille für das ganze Wochenende. Nur der Preis hat viele Ärzte abgeschreckt, ihre Patienten umzustellen.

Alle großen Generikahersteller haben bereits entsprechende Zulassungen in der Tasche, darunter Hexal/1A, Ratiopharm/AbZ und Stada/Aliud. Weitere Anbieter, die demnächst entsprechende Produkte auf den Markt bringen könnten, sind Aristo, Hennig, Mylan, Puren, TAD sowie Uropharm, Hormosan und Mibe.

Da Tadalafil auf Privatrezept verschrieben wird, geht es für die Hersteller darum, möglichst stark bei Urologen vertreten zu sein. Derzeit werden die Teams eingeschworen, um an Tag 1 rechtzeitig bei den wichtigsten Ärzten vorstellig zu werden. Auch die Marketingplanungen laufen auf Hochtouren – beim Patentablauf von Sildenafil hatten sich der Hengst von Aliud und der Gockel von Hexal einen spektakulären Schlagabtausch geliefert.

Offiziell äußern darf sich wegen des noch bestehenden Patentschutzes niemand – weder zum Produkt noch zur Preisstrategie. Auch Ware darf noch nicht vorrätig gehalten werden. Daher haben alle Hersteller für die erste Charge Lohnhersteller aus Malta oder Griechenland beauftragt, die bereits vor Monaten mit der Fertigung begonnen haben. Mit Patentablauf können die ersten Paletten in Flieger verladen und an die Großhandelsniederlassungen verteilt werden. Bei Viagra war das Patent in Nachbarländern früher gefallen, um Mitternacht rollten die LKW über die Grenze.

Bis zuletzt hatte Lilly versucht, seine Exklusivität zu verteidigen. Doch jetzt erklärte das Bundespatentgericht den Dosisschutz für die Variante à 5 mg für ungültig – Hexal und Ratiopharm haben den Weg frei gemacht für die mit Abstand am häufigsten verordnete Dosierung. Die Versionen à 2,5 und 10 mg spielen eine untergeordnete Rolle, die Variante mit 20 mg wird unter dem Namen Adcirca vertrieben und eingesetzt zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie (PAH).

Lilly will gegen das Urteil des Bundespatentgerichts in Berufung gehen, rechnet aber ab 15. November mit dem Fall des Wirkstoffpatents mit Konkurrenz. Ein eigenes Generikum will der Hersteller nicht einführen.

Von Cialis werden pro Jahr rund 511.000 Packungen im Wert von 28 Millionen Euro zu Herstellerabgabepreisen (ApU) verkauft. Davon entfallen 23,6 Millionen Euro auf den Originalhersteller Lilly, der Rest auf Reimporte. Auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) ist der Markt rund 52 Millionen Euro schwer.

Zum Vergleich: Von Sildenafil werden 1,9 Millionen Packungen im Wert von 36 Millionen Euro verkauft. Seit Patentablauf im Juli 2013 ist der Preis um 88 Prozent gefallen. Marktführer ist 1A Pharma vor Aristo und dem Originalpräparat Viagra (Pfizer). Dahinter folgen AbZ und Hexal, Basics, Neuraxpharm, Hormosan, Ratiopharm und Zentiva. Die Hersteller hatten teilweise mit Großpackungen neues Terrain erobert.

Cialis wurde 2002 in Europa zugelassen, die US-Gesundheitsbehörde FDA gab das Präparat 2003 zur Behandlung von erektiler Dysfunktion frei. 2014 verbündete sich Lilly mit Sanofi, um einen OTC-Switch durchzusetzen. Bislang ist Tadalafil nirgends rezeptfrei. Sildenafil kann in Neuseeland seit 2014 als OTC-Produkt abgegeben werden, in Polen ist der Wirkstoff seit einem Jahr nicht mehr verschreibungspflichtig. 2008 hatte der Originalhersteller Pfizer den OTC-Switch bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) beantragt, war aber auf Bedenken gestoßen und hatte den Antrag zurückgezogen. Bayer hat beim australischen Gesundheitsministerium einen Antrag eingereicht, um sein Potenzmittel Levitra (Vardenafil) aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.

* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrags hieß es, das Patent ende am 14. November. Tatsächlich läuft der Patentschutz erst um Mitternacht ab, sodass der Wirkstoff erst am 15. November generisch verfügbar ist.

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