Tabuthema Fisteln – Heilung durch Stammzellen Alexandra Negt, 02.12.2019 12:05 Uhr
Perianale Fisteln sind krankhafte Verbindungen zwischen Enddarm, Analkanal und der Haut. Sie verlaufen häufig quer durch den Schließmuskel. Verstopfte Fistelgänge können sich entzünden. Diese Abszesse sind mitunter so schmerzhaft, dass Betroffene arbeitsunfähig werden. Koloproktologische Chirurgen sind spezialisiert auf die Behandlung dieser Röhrenverbindungen. Takeda stellt mit Alofisel eine neue Therapiemöglichkeit – Stammzellen sollen die Gänge dauerhaft verschließen.
Menschen mit Morbus Crohn leiden im Alltag unter Durchfällen, Magenkrämpfen und Blähungen. In den akuten Schüben kann es dazu zu Appetitlosigkeit und Fieber kommen. In diesen Phasen sind Erkrankte mitunter arbeitsunfähig und können das Haus nicht verlassen. Zu den häufigsten Komplikationen gehören perianale Fisteln – entzündet sich das krankhaft veränderte Gewebe durch bakterielle Infektionen und Stuhlkontamination, kommt es zu starken Schmerzen und unkontrolliertem Sekret- und Stuhlverlust.
Eine Fistel ist ein pathologischer Gang, der ein Hohlorgan mit einem anderen Hohlorgan oder mit der Hautoberfläche verbindet. Bei einer Analfistel handelt es sich um einen Gang zwischen Mastdarm und After. Der Tunnel kann sich einen ganz unterschiedlichen Weg zur Hautoberfläche suchen. Der Verlauf einer Fistel ist unterschiedlich: Der Schließmuskel kann umgangen oder durchstoßen werden, das gleiche gilt für die Beckenbodenmuskulatur – wird sie von einem Fistelgang durchstoßen, muss meist ein chirurgischer Eingriff erfolgen. Teilweise ist das Anlegen eines künstlichen Darmausganges bis zur Ausheilung dieses Fisteltypes notwendig.
Eine neue Möglichkeit, die Fistelgänge dauerhaft zu verschließen, ist die Anwendung von mesenchymale Stammzellen (MSC) – diese sich in Lösung befindlichen Zellen werden in das umliegende Gewebe des Fistelganges injiziert. Takeda bringt mit dem Präparat Alofisel eine Suspension zur Behandlung von perianalen Fisteln auf den Markt. Die aus expandiertem Fettgewebe gewonnenen Stammzellen werden mittels Kanüle unter Narkose in die betroffenen Gewebeareale injiziert. Der Operateur sollte ein Einbringen der Suspension in das Lumen vermeiden, damit Stammzellen nicht unnötig verloren gehen. Bevor eine Injektion durchgeführt werden kann, müssen eventuell eingebrachte Fadendrainagen entfernt werden. Nach dem Ausschaben mit einer Kürette (Metallschlinge) wird das innere Ende des Hohlganges mit selbstauflösendem Nahtmaterial verschlossen. Danach erfolgt die Injektion.
Eine Einzeldosis Alofisel besteht aus vier Vials mit jeweils 6 ml Suspension. Jede Durchstechflasche enthält 30 Millionen Zellen, das entspricht einer Konzentration von 5 Millionen Zellen pro Milliliter. Der Wirkstoff heißt Darvadstrocel. Der Inhalt wird je nach Beschwerdebild auf die einzelnen Fistelabschnitte aufgeteilt, mit einer Einzeldosis können bis zu drei Fistelgänge behandelt werden. Die in Darvadstrocel enthaltenden expandierte Stammzellen wirken immunmodulatorisch und antiinflammatorisch. In diesem Bereich dringen vemehrt Lymphozyten und inflammatorische Zytokine ein. Darvadstrocel kann die immunregulierende Aktivität reduzieren und die Entzündung dadurch drosseln – eine dauerhafte Heilung des Gewebes kann erfolgen.
Kommt es durch die Röhrengänge zu stärkeren Einschränkungen im Alltag, kann innerhalb eines minimalinvasiven Verfahrens ein Faden durch den Gewebegang gelegt werden, der dafür sorgt, dass sich ansammelnde Flüssigkeit ablaufen kann und ein Verstopfen des Ganges verhindert wird. Dieser Eingriff nennt sich Fadendrainage und dient meist der Vorbehandlung des eigentlichen chirurgischen Eingriffs. Perianale Fisteln werden auch medikamentös mit Wirkstoffen wie Metronidazol und Ciprofloxacin behandelt.
Morbus Chron ist nicht heilbar. Die Behandlung hängt von der Schwere und der Lokalisation der Erkrankung ab. Ziel einer Therapie ist es, die Anzahl und Schwere der Schübe zu minimieren. Medikamente mit den Wirkstoffen Sulfasalazin und Mesalazin hemmen den Arachidonsäuremetabolismus. Innerhalb der Akuttherapie werden auch Glukokotikoide zur Entzündungshemmung eingesetzt. Bei schweren Verläufen können TNF-Blocker wie Infliximab (Remicade, MSD/Inflectra, Pfizer) oder Adalilumab (Humira, Abbvie/Hulio, Mylan) als Infusion gegeben werden.