Tabakentwöhnung

Keine Suizidgefahr unter Champix Dr. Kerstin Neumann, 27.04.2016 13:52 Uhr

Berlin - 

Champix (Vareniclin) führt nicht zu einem erhöhten Risiko für neuropsychiatrische Störungen. Das geht aus einer klinischen Studie hervor, die jetzt im Fachjournal „Lancet“ publiziert wurde. Im Vergleich mit anderen Medikamenten zur Raucherentwöhnung zeigte sich bei dem Pfizer-Präparat keine erhöhte Inzidenz für Angststörungen und Suizidversuche. Mehr als 8100 Patienten hatten an der Studie teilgenommen.

Nach Angaben der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Suchttherapie (DG-Sucht) sind Champix und Zyban (Bupropion, GlaxoSmithKline) bei der Tabakentwöhnung wirksam. Allerdings empfehlen die Experten die verschreibungspflichtigen Produkte lediglich als Second-Line-Therapie nach Nikotinersatz-Präparaten. Bupropion war 2014 wegen eines potenziellen Risikos für Panzytopenie in die Kritik geraten. Pfizer muss sich seit Jahren damit auseinandersetzen, dass Champix als potenziell suizidauslösend gilt.

Die Ergebnisse der jetzt veröffentlichten EAGLE-Studie sollen diesen Vorwurf nun aus der Welt schaffen: 8144 Patienten wurden über die vorgeschriebene Therapiezeit von zwölf Wochen untersucht. Nach Beendigung der Behandlung schloss sich eine Beobachtungszeit von weiteren zwölf Wochen an. In dieser Zeit zeigte sich unter Vareniclin im Vergleich zu Bupropion und zu Nikotinpflastern keine signifikant erhöhte Zahl an schweren Nebenwirkungen im neuropsychiatrischen Bereich.

Untersucht wurden sowohl Patienten, die zuvor bereits unter Angststörungen gelitten hatten, als auch solche ohne vorhergehende Beschwerden. Bei nicht vorbelasteten Patienten lag die Nebenwirkungsrate bei 1,3 Prozent, Personen mit Vorgeschichte zeigten zu 6,5 Prozent Angststörungen und Suizidgedanken unter Champix.

„Klinische Leitlinien weltweit empfehlen, dass der beste Weg für einen Rauchstopp eine Kombination aus Beratungstherapie und Medikation ist“, sagt Studienleiter Dr. Robert Anthenelli von der University of California. „Medikation ist aber häufig kein Bestandteil des Aufhörversuchs bei Patienten. Das liegt zum Teil an der falschen Wahrnehmung über die Sicherheit der Medikation. Die Studie kann Ärzten und Patienten mehr Sicherheit geben“.

In einem untergeordneten Teil der Studie wurde auch die Wirksamkeit von Vareniclin mit der von Nikotinpflastern, Bupropion und Placebo verglichen. Dabei zeigte sich für Champix eine signifikant höhere Abstinenzrate nach drei und sechs Monaten als unter einer Behandlung mit anderen Präparaten. Gegenüber Placebo zeigten alle drei Medikamente eine signifikant bessere Wirksamkeit. Allerdings gelten die in der Studie verwendeten Pflaster nicht als die effektivste Darreichungsform der Nikotinersatztherapie. In klinischen Studien hatten sich Darreichungsformen wie Kaugummis oder Sprays als effektiver herausgestellt.

Die FDA hatte 2009 für Champix eine „Boxed Warning“ sowie umfangreichere Risiko- und Sicherheitshinweise in der Packungsbeilage angeordnet. Die Patienten werden seitdem direkt auf der Packung dazu aufgefordert, sofort den Arzt aufzusuchen, wenn psychische Veränderungen auftreten. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hatte 2011 nach der Auswertung einer Metaanalyse bestätigt, dass bei Vareniclin der Nutzen die Risiken überwiegt. Zwar gebe es ein leicht erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Medizinisch bedeutender sei aber der Nutzen des Rauchstopps, so die EMA.